Ärztinnen der ersten Generation: Käte Frankenthal

Im Jahr 2024 folgen wir den Spuren von zwölf teils bekannten, teils berühmten Ärztinnen „der ersten Generation“. Dazu begeben wir uns an Orte in Berlin, an denen die Frauen gelebt und gewirkt haben. Im Mittelpunkt der Exkursion im September steht Käte Frankenthal.

Ärztinnen der ersten Generation

Käte Frankenthal (1889–1976)

Käte Frankenthal erblickte am 30. Januar 1889 als mittlere von drei Töchtern der bürgerlich-jüdischen Eltern Julius Frankenthal, einem Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Kiels, und Cäcilie Frankenthal (geborene Goldmann) in Kiel das Licht der Welt. Ihre Ausbildung und berufliche Karriere verlief vielseitig: Nachdem sie im März 1909 ihr Abitur am Reform-Realgymnasium in Kiel abgelegt hatte, begann sie im gleichen Jahr in ihrer Heimatstadt das Medizinstudium, welches sie in Heidelberg, Erlangen, München, Wien und Freiburg fortsetzte.

Im August 1911 absolvierte Frankenthal in Erlangen das Physikum und am 9. Mai 1914 erhielt sie ihre Approbation in Freiburg. Doch schon kurz nach erfolgreich absolviertem Studium und in Kiel angefertigter Dissertation stoppte der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ihre akademische Karriere.

Anstatt sich zurückzuziehen, bewog der Kriegsausbruch die damals erst 26-Jährige jedoch dazu, sich um die Verletzten des Krieges zu kümmern und sie bewarb sich als Ärztin bei der deutschen Armee. Da Frauen dort nicht willkommen waren, bewarb sie sich kurzerhand als Militärärztin bei der österreichischen Karpatenarmee und wurde eingestellt. Von 1915 bis 1918 arbeitete sie an der Front im Balkan.

Käte Frankenthal

Käte Frankenthal auf einem Foto aus dem Jahr 1930.

Medizin und Politik in Berlin

Noch vor Kriegsende zog Frankenthal nach Berlin. Hier wohnte sie im Hansaviertel – ab 1920 in der Lessingstraße 35, später in der Flotowstraße 12. Als Assistenzärztin an der Charité war sie zunächst im Institut für Krebsforschung und anschließend am Pathologischen Institut tätig. Nahezu zeitgleich eröffnete sie eine Praxis für Ehe- und Sexualberatung.

Doch nicht nur ihre medizinische Karriere war für Frankenthal von Bedeutung, sondern auch die politische Situation im Deutschland der Weimarer Republik. Seit 1914 war sie aktives Mitglied der SPD und schon während ihrer Tätigkeit an der Charité wurde deutlich, dass es sich bei Frankenthal um eine außergewöhnliche Frau mit politischem Interesse handelte: „In den Tagen der Novemberrevolution leistete sie den Aufständischen auf den Straßen Berlins erste ärztliche Hilfe und bekannte sich in dieser turbulenten Zeit offen als Sozialdemokratin. Dazu gehörte Mut angesichts der politischen Haltung der größtenteils konservativen Charitéärzte.“ (Bernhard Meyer, 1999)

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Sozialmedizinisch relevante Ideen

Als sie im Jahr 1928 schließlich zur stellvertretenden Stadtärztin von Neukölln ernannt wurde, gab sie ihre Praxis auf und widmete sich fortan der Tätigkeit als angestellte Ärztin der Stadt. Diese Position füllte Frankenthal mit fortschrittlichen, sozialmedizinisch relevanten Ideen und steckte sich hierbei ehrgeizige Ziele. So forderte sie in der Stadtverordnetenversammlung die Ausgabe von kostenfreien Verhütungsmitteln in Sexualberatungsstellen auch an ledige und sexuell aktive junge Frauen.

Das Thema der sexuellen Selbstbestimmung von Frauen stand nicht nur im Zusammenhang mit ihrer ärztlichen Tätigkeit, sondern auch im Verlauf ihrer politischen Karriere mehrfach im Mittelpunkt. Frankenthal war sich trotz ihrer privilegierten wirtschaftlichen Ausgangssituation darüber im Klaren, dass die Angst davor, durch Kinderreichtum in der instabilen Weimarer Republik in die Armut abzugleiten, ein ständiger Begleiter der unteren Schichten war. So sprach sie sich deutlich gegen Paragraf 218 des Strafgesetzbuches aus, welcher einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellte und bis heute unter bestimmten Voraussetzungen stellt. Ihre Forderung mit dem Titel „§ 218 streichen – nicht ändern“ veröffentlichte Frankenthal im Jahr 1931 in der Reihe „Sozialistische Zeitfragen“. Diese ging weit über die Forderungen der bürgerlichen Frauenbewegung der 1930er-Jahre hinaus.

Durch ihr anhaltendes politisches Engagement wurde sie 1930 als Vertreterin der SPD in den Preußischen Landtag gewählt. Sie verließ diesen jedoch im Jahr 1931 bereits wieder und trat aus der SPD aus, da ihr deren politischer Kurs nicht mehr zusagte. Sie empfand diesen als zu liberal den aufstrebenden Nationalsozialisten gegenüber.

Wenn ich mein Leben neu anzufangen hätte, würde ich es – abgesehen von einigen dummen Fehlern – gar nicht ändern, ich würde den gleichen Beruf wählen, die gleiche politische Tätigkeit und das gleiche freudige Alleinleben.

Käte Frankenthal,
in den 1940er-Jahren im US-amerikanischen Exil

Vertreibung und Neuanfang

Frankenthals politische und medizinische Karriere in Berlin endete jäh mit der Machtübernahme Hitlers. Am 15. März 1933 wurde sie – noch vor Inkrafttreten des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ – aus ihrer Stellung im Bezirksamt Neukölln entlassen. Sie deutete die Zeichen richtig und trat schon zwei Wochen später ihre drei Jahre dauernde Flucht über Prag, Paris und Zürich an.

Im Oktober 1936 erreichte sie entkräftet und all ihrer Habseligkeiten entledigt New York. Dort hielt sie sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten und Straßenverkauf über Wasser. Doch Frankenthal ließ sich nicht entmutigen. Sie nutzte die Gelegenheit und begann 1943 eine dreijährige Ausbildung zur Psychoanalytikerin. Bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1972 führte sie beim „Jewish Family Service“ in New York eine erfolgreiche Praxis als Familientherapeutin und Psychoanalytikerin. Ihr politisches Wirken endete jedoch durch ihre Flucht aus Nazideutschland.

Käte Frankenthal starb am 21. April 1976 in New York. Ihre Autobiografie „Der dreifache Fluch: Jüdin, Intellektuelle, Sozialistin: Lebenserinnerungen einer Ärztin in Deutschland und im Exil“ wurde posthum im Jahr 1981 im Campus-Verlag veröffentlicht. In Erinnerung bleibt Käte Frankenthal als politisch und sozial engagierte Medizinerin mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. 1996 wurde in Berlin-Rudow ein Weg nach ihr benannt.

Straßenschild Käte Frankenthal-Weg

Gewürdigt wird Käte Frankenthal im Rudower Frauenviertel an der Berliner Stadtgrenze. Hier trägt ein kleiner Weg am Waldrand ihren Namen.

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