Was wollte die Berliner Feuerwehr mit dem „Restart a Heart Day” erreichen?
Lucie Ewering (LE): Unser Ziel war es, möglichst viele Berliner:innen in der Herz-Lungen-Wiederbelebung zu schulen und die Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema zu lenken. Wir wollten zeigen, dass eine Herzdruckmassage kinderleicht durchzuführen ist und man dabei nichts falsch machen kann – außer gar nicht erst anzufangen. Außerdem wollten wir möglichst viele Berliner:innen motivieren, sich bei unserer Ersthelfer-App KATRETTER zu registrieren.
Was hat Sie als Ärztin motiviert, sich heute hier zu engagieren?
LE: Als Ärztin oder Arzt ist man nur ein Teil der Rettungskette und behandelt Patient:innen selten ab der ersten Minute. Ersthelfende hingegen sind ein früher und damit sehr essenzieller Teil der Rettungskette. Was wir später als Rettungsdienst und in der Klinik beitragen können, zählt nur, wenn möglichst frühzeitig reanimiert wurde. Die ersten Minuten entscheiden, ob Patient:innen einen Herz-Kreislauf-Stillstand überleben und ob sie ihren Alltag auch weiterhin gut bewältigen können. Deshalb ist es sehr wichtig, dass es in Berlin viele Menschen gibt, die Erste Hilfe leisten und diese kritische Phase bei einem Notfall überbrücken, bis wir als Ärzt:innen, Notfallsanitäter:innen und rettungsdienstliches Fachpersonal übernehmen können.
„Man kann bei einer Herzdruckmassage nichts falsch machen – außer gar nicht erst anzufangen“
Wie steht es um die Erste Hilfe in Berlin?
Martin Bender (MB): Auch wenn es in Deutschland insgesamt um die Erste Hilfe noch mäßig steht, haben wir mit der Einführung des Katretter-Systems in Berlin einen wichtigen Schritt gemacht. Die Beteiligung daran ist sicherlich noch ausbaubar, wenn man in andere Länder guckt. In Deutschland sehen wir, dass bei Reanimationen in ungefähr 50 Prozent der Fälle Ersthelfende vor Ort sind, die eine Reanimation beginnen.
In anderen Ländern ist diese Quote teils deutlich höher. Beispielsweise erreichen einige skandinavische Länder Quoten von über 70 Prozent. In Deutschland können wir diesbezüglich also noch besser werden. Ein Schlüssel liegt sicherlich in der Öffentlichkeitsarbeit, aber auch in der Einführung von flächendeckendem Schulunterricht in Erster Hilfe und Reanimationsmaßnahmen. Wir müssen die Zahl der Menschen, die keine Hemmungen haben, eine Herzdruckmassage zu beginnen, weiter erhöhen.
Gibt es eine Reanimationssituation aus Ihrem Arbeitsleben, die besonders herausfordernd war und an die Sie heute noch denken müssen?
MB: In der notärztlichen Tätigkeit gibt es natürlich viele Reanimationssituationen, und der ganz überwiegende Teil davon führt leider nicht zu einem positiven Outcome. In Deutschland liegt die Überlebensrate bei außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand bei etwa zehn bis zwölf Prozent. Fälle, die einem im Kopf bleiben, sind in der Regel solche mit einem positiven Verlauf oder bei denen jüngere Personen betroffen sind.
Bei allen Fällen, die mir gut in Erinnerung geblieben sind, waren jeweils Ersthelfende vor Ort, zum Beispiel bei einem jungen Mann Anfang 30, der im beruflichen Umfeld in einer Lagerhalle einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitt. Es waren sofort Ersthelfende vor Ort, die mit der Herzdruckmassage begonnen haben. Wir mussten ihn schließlich unter Reanimation in eine Klinik bringen, da es uns nicht gelang, die ursächliche Herzrhythmusstörung außerklinisch zu beenden. Dennoch konnte er, durch Anschluss an eine Herz-Lungen-Maschine und erfolgreiche Therapie im Herzkatheter, nach über 70-minütiger Reanimation gerettet werden. Er überlebte ohne Folgeschäden. Der Fall zeigt für mich, dass die fortschrittlichsten medizinischen Maßnahmen Patient:innen nur nützen, wenn durch Ersthelfende unmittelbar mit der Herzdruckmassage begonnen wird.
Wie haben die Passant:innen auf das Angebot reagiert?
Die Leute waren sehr offen für unser Angebot. Viele hatten vor langer Zeit schon einmal einen Erste-Hilfe-Kurs besucht. Nachdem wir mit ihnen die Grundlagen nochmals wiederholt hatten, konnten sie meist schnell eine gute Herzdruckmassage mit ausreichender Drucktiefe, Entlastung und in korrekter Frequenz durchführen.
Insgesamt waren die Rückmeldungen der Passant:innen sehr gut. Alle waren sehr dankbar, dass wir da waren und die Möglichkeit geboten haben, an einer Puppe zu üben und nochmals Wissen aufzufrischen, um die Erste-Hilfe-Fähigkeiten nicht zu verlieren – für den Fall, dass sie diese einmal benötigen.
KATRETTER-App
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand zählt jede Sekunde. Genau hier setzt KATRETTER der Berliner Feuerwehr an. Sie informiert freiwillige Helfer:innen und lotst sie zum Einsatzort. Denn je schneller die Herzdruckmassage beginnt, desto höher sind die Überlebenschancen der Betroffenen. In Berlin kann sich jede Person in der KATRETTER-App registrieren, die über 18 Jahre alt ist und sich zutraut, Erste Hilfe zu leisten.
Weitere Informationen: https://magazin.aekb.de/aktuelles/nutzen-sie-schon-die-katretter-app


