Die erste Frau im Vorstand der Berliner Ärztekammer

Prof. Dr. med. Meta Alexander war ab 1975 die erste Frau im Vorstand der Ärztekammer Berlin. Darüber hinaus war sie Mitbegründerin der neuen Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) und Mitherausgeberin der damals neu gegründeten Zeitschrift „Infektion“. In der männlich geprägten Medizinwelt der 1970er-Jahre sicherte Alexander sich damit sowie mit ihrem Engagement für die Verbindung von Forschung, Praxis und Lehre ihre gute Reputation.

Prof. Dr. Meta Alexander am Rednerpult des Deutschen Ärztetages

Prof. Dr. med. Meta Alexander war ab 1975 die erste und zunächst einzige Frau im Vorstand der Ärztekammer Berlin.

Die Recherche nach dem Eintrittsdatum von Meta Alexander in die Ärztekammer Berlin führt direkt in die Irre. Laut Datenbank wurde sie bereits am 1. Januar 1950 aufgenommen – obwohl die konstituierende Sitzung der Ärztekammer Berlin erst im Jahre 1963 stattfand und Alexanders Approbationsurkunde eine Woche nach ihrer ärztlichen Prüfung am 11. November 1950 durch den Magistrat von Groß-Berlin ausgestellt wurde. Grund für das vor der Mitteilung ihrer „Bestallung als Arzt“ und der Gründung der Ärztekammer Berlin liegende Datum ist, dass dieses Datum allen Mitgliedern zugeordnet ist, deren genaues Beitrittsdatum nicht zu verifizieren ist, die aber schon lange Mitglied sind oder waren.

Dass Meta Alexander dennoch von Anfang an bei der Ärztekammer Berlin registriert war, ist nicht zu bezweifeln. Als zielstrebige Ärztin und Wissenschaftlerin befand sie sich in deren Gründungsjahr bereits mitten in ihrer medizinischen Karriere in Berlin. Im selben Jahr hatte sie sich im Fachgebiet Innere Medizin habilitiert. Ihre Habilitationsschrift trug den Titel „Klinische Beobachtungen, Therapie und bakteriologische Untersuchungen bei Streptokokken Infektionen, insbesondere bei Scharlach und Anginen“ und war mit einer Probevorlesung und der wissenschaftlichen Aussprache vor der Medizinischen Fakultät der Freien Universität (FU) Berlin zum Thema „Kritik der Wertigkeit der diagnostischen Reaktionen bei der Erwachsenentoxoplasmose“ verbunden. Sie bewies damit ihre Begeisterung für die Verbindung von Forschung, Praxis und Lehre. Als Oberärztin wurde sie von der FU vorerst zur Privatdozentin und im April 1969 „in der Hoffnung, dass ihre Tätigkeit in Forschung und Lehre auch weiterhin von bestem Erfolg begleitet sein möge“ vom Rektor der Freien Universität zum „außerplanmäßigen Professor“ und 1971 zum „Professor“ ernannt.

Pionierleistungen und Engagement

Als 1973 die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) gegründet wurde, war Alexander die einzige Frau unter den Gründungsmitgliedern. Dabei wurde sie nicht nur in den Beirat gewählt, sondern gehörte von Anfang an auch dem Herausgebergremium der damals neuen Zeitschrift „Infektion“ an. Zwei Jahre später wurde sie als erste Frau in den Vorstand der Ärztekammer Berlin gewählt. Wie ein roter Faden ziehen sich Pionierleistungen und unermüdliches Engagement für die Infektiologie durch Alexanders Leben.

Nebenbei in der Hochschulpolitik aktiv und besonders um die Aus- und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften bemüht, zeigte sich schon früh ihr Interesse an der Weitergabe ihres Wissens. So begleitete Alexander den Aufbau der Hochschulmedizin an der FU Berlin und weitere zehn Jahre später erfolgte die Ernennung zur stellvertretenden Vorsitzenden im Ausschuss „Ausbildung zum Arzt / Hochschule und Medizinische Fakultäten“. Darüber hinaus wurde sie zur Vorsitzenden der Ständigen Konferenz „Ausbildung zum Arzt / Hochschule und Medizinische Fakultäten“ bei der Bundesärztekammer ernannt.

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Eine derjenigen, die anderen vorangeht

Im Jahr 1984 wurde Alexander schließlich Direktorin der Fortbildungsakademie der Ärztekammer Berlin. Für dieses Engagement verlieh ihr der Vorstand der Bundesärztekammer bereits ein Jahr später die Ernst-von-Bergmann-Plakette.

Die Verleihung führte zu zahlreichen Gratulationen. So schrieb ihr etwa der erste Vorsitzende der Bayrischen Akademie für ärztliche Fortbildung, Dr. med. Eberhard Thäle. In seinen Glückwünschen zu dieser „hohen Auszeichnung der Verleihung“ bemerkte er: „Mir scheint fast aufgrund meiner Erfahrungen in den vergangenen Jahren, daß sich Berlin und Bayern nicht nur vom Alphabet her ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Vereinigung der westdeutschen Ärztekammern bewahrt haben.“

Der Präsident der Freien Universität Berlin, Prof. Dr. Dieter Heckelmann, gratulierte aus seinem Türkei-Urlaub im Namen der FU wie auch persönlich sehr herzlich zu dieser Auszeichnung. Er betonte die Bedeutung der ärztlichen Fortbildung als Aufgabe der medizinischen Professoren. Alexander sei nicht nur in diesem Bereich eine derjenigen, die anderen vorangehe, ihr Engagement sei ein Beispiel dafür, dass Wissenschaft an der FU nicht aus Selbstzweck betrieben würde. „Unser gemeinsames Interesse, die Freie Universität verstärkt aus der früheren Isolation zu befreien und zur Stadt hin zu öffnen, erfordert den Einsatz aller Kollegen. Auch hierfür sind Sie ein Vorbild, wie die Ehrung durch die Bundesärztekammer eindrucksvoll belegt.“

Elternhaus und Ausbildung

Dieser Ehrung ging ein außergewöhnliches Leben voraus, das neben den bereits genannten Leistungen von einer Vielzahl bemerkenswerter Erlebnisse und Erfolge geprägt war. Am 14. Juli 1924 wurde Meta Alexander in Berlin geboren, wo sie zeitlebens am Bayerischen Platz 4 in Schöneberg wohnte. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte sie dort mit ihren Eltern und den jüdischen Großeltern. Nach dem Eintritt des Vaters in die Katholische Kirche wurde sie christlich erzogen. Dennoch erlebte Alexander, wie während ihrer Schulzeit befreundete Familien und Kollegen ihres Vaters aufgrund der zunehmenden Anfeindungen durch die Nationalsozialisten vertrieben und auch ermordet wurden.

Ihre Schulzeit verbachte sie zurückgezogen. Als „Mischling 1. Grades“ konnte Alexander nach dem Abitur 1943 zwar als Laborassistentin arbeiten, wurde aber auch zur Arbeit auf Baustellen gezwungen. Der Vater hätte Deutschland nur allein verlassen können. Das wollte die Familie nicht und entschied sich dagegen. Gemeinsam überstanden sie zunächst den Krieg und später die Nachkriegszeit am völlig zerstörten Bayerischen Platz.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Alexander endlich auch ein Medizinstudium aufnehmen, was ihr als Enkelin jüdischer Großeltern in der NS-Zeit nicht erlaubt worden war. Sie begann es an der Humboldt Universität zu Berlin und erlebte dann als junge Studentin den Aufbau der im Dezember 1948 neu gegründeten Freien Universität Berlin, an der sie mit 27 Jahren promovierte.

Gestaltungswillen und Pionierarbeit

Mit ihrem Gestaltungswillen wurde sie nach den Jahren als Assistenzärztin und ihrer Habilitation die erste Leiterin der Abteilung für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt für Infektionskrankheiten, Geschäftsführende Direktorin an der ersten Medizinischen Klinik der FU im Städtischen Krankenhaus Westend und später stellvertretende ärztliche Leiterin des Klinikums Charlottenburg. Sie war, wie so oft, als Erste dabei, unter anderem als Mitglied der Hygienekommission des Bundesgesundheitsamtes 1974/1975, der heutigen Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut oder als Teilnehmerin der Arbeitstagung „AIDS – eine neue Infektionskrankheit“ im Jahr 1983, die sie als Vorsitzende zum Teil selbst leitete.

Schriften und Auszeichnungen

Im Laufe ihres Lebens verfasste Alexander 116 Originalarbeiten, vorwiegend auf dem Gebiet der Infektiologie sowie 316 Arbeiten zur ärztlichen Fortbildung. Sie begleitete 145 fertiggestellte Dissertationen und 4 Habilitationsarbeiten. Außerdem schrieb sie das weit verbreitete Thieme-Lehrbuch über Infektionskrankheiten, das im Regal von Generationen von Medizinstudierenden und Auszubildenden in der Pflege stand. Für ihre zahlreichen Verdienste erhielt die Professorin neben der Ernst-von-Bergmann-Plakette unter anderem das Bundesverdienstkreuz am Bande und die Rudolf-Virchow-Verdienstmedaille.

Unterstützung über den Tod hinaus

Prof. Dr. med. Meta Alexander starb am 13. Mai 1999 im Alter von 75 Jahren im Berliner Behring-Krankenhaus. Ihr anhaltendes Erbe überdauert sie jedoch in mehrfacher Hinsicht. Zum einen wurde auf ihren Wunsch hin innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) die Meta-Alexander-Stiftung errichtet, die jedes Jahr besondere Leistungen von Studierenden unterstützt und mit ihrem Stiftungspreis würdigt. Zum anderen wirken ihr Engagement und nicht zuletzt die von ihr weitergegebene Begeisterung für die Infektiologie in Generationen von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegefachkräften nach, die sie, wie die Recherchen gezeigt haben, ausnahmslos als außergewöhnliche Persönlichkeit in Erinnerung behalten haben.

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