Ärztinnen der ersten Generation: Edith Peritz

Im Jahr 2025 setzen wir unsere im Jahr 2024 begonnene Reihe fort und folgen alle zwei Monate den Spuren einer von sechs weiteren bekannten Ärztinnen, die in Berlin gelebt und gewirkt haben. Im Mittelpunkt des März-Berichtes steht Edith Peritz (1897–1985).

Ärztinnen der ersten Generation

Breslauer Jahre: Kindheit, Schulzeit und Medizinstudium

Edith Peritz kam am 23. Mai 1897 in Breslau als erstes Kind des jüdischen Mediziners Meyer Peritz und seiner Frau Martha, geborene Anspach, zur Welt. Über die Kindheit und Jugend von Peritz, die mit einem jüngeren Bruder und einer jüngeren Schwester aufwuchs, ist nicht viel bekannt. Der Vater hatte 1890 seine Approbation erhalten und war als Zahnarzt beziehungsweise Arzt für „Mund- und Kieferkrankheiten“ in eigener Praxis tätig.

Nach dem Abitur studierte Peritz Medizin an der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität in ihrer Heimatstadt. Im Jahr 1922 erhielt sie ihre Approbation und promovierte, ebenfalls in Breslau, mit einer Dissertation über „Hochgradige Polyglobulie im frühesten Säuglingsalter bei gleichzeitig bestehenden ausgedehnten Mißbildungen der Harnwege“.

Berliner Jahre: Schönheitschirurgin und engagierte Frauen-Netzwerkerin

Unmittelbar nach Abschluss ihres Medizinstudiums ging Peritz nach Berlin. In den folgenden Jahren war sie als Assistenzärztin am Städtischen Rudolf-Virchow-Krankenhaus in der von Ernst Unger geleiteten II. Chirurgischen Abteilung tätig. Im Jahr 1925 veröffentlichte sie in der Fachzeitschrift „Medizinische Klinik“ einen Artikel „Zur intraperitonealen Rivanolbehandlung“. Darin berichtete Peritz anhand von 70 Fallbeispielen nach Bauchoperationen über eigene Erfahrungen mit der Anwendung des von Julius Morgenroth entwickelten Chemotherapeutikums zur Behandlung von Wundinfektionen.

Schon als Assistenzärztin war Peritz berufspolitisch aktiv. Im Jahr 1927 fand die Wahl der Berliner Ärztekammer statt. Sie stand auf der Vorschlagsliste der Assistentenverbände und wurde als Mitglied im Parlament der Ärztekammer gewählt.

Ein Jahr später ging Edith Peritz nach Paris, um bei der bekannten ästhetischen Chirurgin Suzanne Noël zu lernen. Dieser Aufenthalt in der französischen Hauptstadt war prägend für ihren weiteren Werdegang. Noël hatte ihre grundlegenden Erfahrungen bei der chirurgischen Versorgung kriegsversehrter Soldaten nach dem Ersten Weltkrieg gesammelt und 1926 das Buch „La Chirurgie Esthétique“ veröffentlicht, in dem sie ihre Erkenntnisse und innovativen Techniken in der kosmetischen Chirurgie beschrieb. So ist wahrscheinlich, dass Peritz bei Noël Techniken wie den minimalinvasiven Facelift und die Augenlidkorrektur erlernt hat.

Edith Peritz um 1930

Edith Peritz um 1930

Zurück in Berlin eröffnete Peritz im August 1928 eine eigene Praxis als Fachärztin für plastische Chirurgie in der Joachimsthaler Straße 6 in Charlottenburg und wurde Mitglied in der Berliner Gesellschaft für Chirurgie. Außerdem engagierte sie sich im 1924 gegründeten Bund Deutscher Ärztinnen, der Vorläuferorganisation des heutigen Deutschen Ärztinnenbundes. Ab 1931 war Peritz erste Vorsitzende der Ortsgruppe Berlin-Brandenburg. 1933 veröffentlichte sie in der Verbandszeitschrift „Die Ärztin“ einen Artikel über kosmetische Chirurgie. Bereits 1930 hatte Edith Peritz auf Anregung von Suzanne Noël den ersten deutschen Soroptimist-Club gegründet. Soroptimist International (von lateinisch „sorores optimae“: beste Schwestern) ist ein 1921 in den USA gegründetes Netzwerk berufstätiger Frauen. Den ersten Soroptimist-Ableger in Europa hatte Noël 1924 in Paris ins Leben gerufen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Peritz aufgrund ihrer jüdischen Herkunft aus den verschiedenen Organisationen gedrängt. Ihr wurde die Kassenzulassung entzogen, sodass sie fortan nur noch privatärztlich tätig sein konnte. Nach einem Umzug lebte sie in der Hardenbergstraße 19, nicht weit von ihrer ehemaligen Wohnung entfernt.

New Yorker Jahre: Emigration und Neuanfang

Anfang 1936 verließ Peritz Berlin. An Bord der SS Ilsenstein, die am 3. Februar 1936 in Antwerpen ablegte, erreichte sie zwei Wochen später den Hafen von New York. Nur mit einem Touristenvisum ausgestattet, hatte sie fast ihr gesamtes Hab und Gut in Deutschland zurückgelassen, entschied sich dann aber, dauerhaft in den USA zu bleiben. Knapp ein Jahr nach ihrer Ankunft, am 6. Januar 1937, heiratete Peritz in New York den preußischen Aristokraten Karl von Lojewski.

Im Gegensatz zu vielen anderen aus Deutschland emigrierten Fachkolleginnen gelang es Peritz, im Exil wieder als Ärztin zu arbeiten. Noch im Jahr ihrer Ankunft erhielt sie die Approbation und eröffnete 1940 eine eigene Praxis. Darüber hinaus arbeitete sie als Ärztin in verschiedenen Gesundheitseinrichtungen wie dem New York Infirmary. Zusammen mit ihrem Mann wohnte sie unweit des Central Parks und der Carnegie Hall in Manhattan (152 West 58th Street). Auch ihre Mutter konnte noch 1941 aus Deutschland fliehen und lebte bis zu ihrem Tod 1948 in New York. Ihr Vater war 1936 in Breslau gestorben.

Während eines Aufenthalts in Konstanz am Bodensee im Sommer 1960 verstarb Peritz' Ehemann Karl von Lojewski. Peritz, die 1943 die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, blieb bis ins hohe Alter beruflich aktiv. So war sie 1964 im amerikanischen Fernsehen als prominente Schönheitschirurgin zu Gast in der populären Mike-Douglas-Talkshow. Neben ihrer Mitgliedschaft in der New Yorker Rudolf Virchow Medical Society engagierte sie sich erneut in einem Netzwerk berufstätiger Frauen. Anlässlich des 40-jährigen Bestehens des von ihr gegründeten Soroptimist-Clubs Berlin schrieb sie in einem Brief: „Wir müssen dem eigenen Lande und seinen speziellen Problemen helfen, wir müssen die Beziehungen zwischen den Völkern friedlich gestalten, indem wir persönliche Beziehungen schaffen, so daß die Bewohner eines anderen Landes nicht als Feinde erscheinen, sondern als Menschen wie Du und ich“.

Peritz, die nach dem Krieg von Deutschland nach langwierigen Verhandlungen 11.500 DM als Entschädigung für ihre erlittenen materiellen Verluste erhalten hatte, starb am 19. April 1985 im Alter von 87 Jahren. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Spencertown Cemetery rund 200 Kilometer nördlich von New York City.

Heutiges Gedenken

In Berlin gibt es heute tatsächlich keinen konkreten Ort, an den Edith Peritz erinnert wird. Keines der Häuser, in denen sie gelebt und gearbeitet hat, existiert noch – mit Ausnahme des Rudolf-Virchow-Krankenhauses. Allerdings wird in Dortmund seit 2018 jährlich am 8. März, dem Internationalen Frauentag, der „Dr. Edith Peritz-Preis“ verliehen. Damit werden Dortmunder Personen oder Institutionen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für die Gleichstellung von Frauen und Mädchen in der Gesellschaft engagieren. Der Preis ist mit 1.500 Euro dotiert und wird vom Soroptimist-Club Dortmund Ruhrregion in Kooperation mit dem Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund vergeben.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Wir freuen uns über Ihr Feedback!

Ja
Nein

Vielen Dank!

Zur Ärztekammer Berlin