„Unser Ziel ist, eine hohe Qualität ärztlicher Fortbildung zu erreichen“

Ein Gespräch mit Dr. med. Matthias Brockstedt, dem langjährigen Vorsitzenden des Fortbildungsausschusses der Ärztekammer Berlin, über die Aufgaben der Kammer beim Thema Fortbildung und welche Fortbildungsangebote ihm besonders am Herzen liegen. 

Dr. med. Matthias Brockstedt
Interview mit
Dr. med. Matthias Brockstedt

Vorsitzender des Fortbildungsausschusses der Ärztekammer Berlin

Foto: Kathleen Friedrich

Redaktion: Herr Dr. Brockstedt, welche Rolle spielt die Fortbildung eigentlich im Bewusstsein des ärztlichen Nachwuchses?

Dr. med. Matthias Brockstedt: Vielen jüngeren Kolleg:innen ist meines Erachtens gar nicht bewusst, dass sie gesetzlich nach Berufsordnung § 4 und nach SGB V während des gesamten Berufslebens zur ärztlichen Fortbildung verpflichtet sind. Als Nachweis dient das Fortbildungszertifikat, das nach Erreichen von 250 Fortbildungspunkten ausgestellt werden kann. Diese Verpflichtung zur ärztlichen Fortbildung vermischt sich im Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen aber unter Umständen mit den Erfordernissen zahlreicher Zusatzbezeichnungen und Curricula im Rahmen ihrer Facharztweiterbildung.

Wie kann und sollte die Ärztekammer Berlin ihre Mitglieder bei der Fortbildung unterstützen?

Die Ärztekammer Berlin bietet zum einen selbst Fortbildungen an, die für bestimmte Tätigkeiten oder Positionen Voraussetzung sind. Zum Beispiel Strahlenschutzkurse, Fortbildungen für Transfusionsverantwortliche / Transfusionsbeauftragte, zum Peer Review oder auch den Theoriekurs Kinder- und Jugendmedizin im Rahmen der Weiterbildung Allgemeinmedizin. Das Angebot ist digital im Fortbildungskalender jederzeit tagesaktuell abrufbar.

Ganz wichtig ist aber, dass die Ärztekammer Berlin neben den verpflichtenden Fortbildungen fortlaufend auch ärztliche Fortbildungen zu Themen anbietet, für die es sonst keine geeigneten Veranstaltungen gäbe, zum Beispiel seit mehr als 15 Jahren die regelmäßigen Fortbildungen in Kooperation mit S.I.G.N.A.L. e. V. zur Erkennung von häuslicher und sexualisierter Gewalt.

Gerade das letztgenannte Thema ist Ihnen persönlich ein besonderes Anliegen.

Ja, seit 2019 vertrete ich die Ärztekammer Berlin als Berater am sogenannten Runden Tisch zur Gesundheitsversorgung bei häuslicher und sexualisierter Gewalt der Senatsverwaltung Gesundheit. Babett Ramsauer, die zukünftige Vorsitzende des Fortbildungsausschusses, wird diese Arbeit ab 2025 hoffentlich fortsetzen. Sie ist hierzu als Gynäkologin ja ganz besonders qualifiziert. Der Fortbildungsausschuss hat als einzige ehrenamtliche Einrichtung ihrer Art den Vorstandsbeschluss der Ärztekammer Berlin aus dem Jahr 2011 vorbereitet, demzufolge jährlich 5.000 Euro reserviert sein müssen, um über alle Formen von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Pflegebedürftige und andere im Rahmen der ärztlichen Fortbildung in Berlin aufzuklären, und gibt dem Vorstand der Kammer regelmäßig Rückmeldung dazu.

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Welche weiteren Angebote der Kammer liegen Ihnen besonders am Herzen?

Seit 20 Jahren gibt es zweimal jährlich Fachfortbildungen mit der Apothekerkammer Berlin. Regelmäßig berichtet eine Vertreterin der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer über Arzneimittelnebenwirkungen; auch neue Arzneimittel sind Thema. Diese Veranstaltungen sind stets sehr gut besucht und nicht wegzudenken als neutrale Informationsmöglichkeit über wirklich innovative Arzneimittel.

Mit dem Neurologen Professor Peter Marx haben wir ebenfalls vor 20 Jahren Gutachterkurse eingerichtet, unabhängig von den Fachrichtungen. Dieses Kursmodell wurde inzwischen von anderen Landesärztekammern übernommen. In Berlin ist die Teilnahme an diesem Kurs Voraussetzung, um Ärztinnen und Ärzte überhaupt als von der Kammer anerkannte Gutachter:innen zu bestellen.

Welche Rolle spielt die „Qualitätskontrolle“ der Angebote anderer Veranstalter?

Eine ausgesprochen wichtige Rolle! Das Hauptamt der Ärztekammer Berlin führt den Prozess der Anerkennung nach deren Fortbildungsordnung und nach den Richtlinien für ungefähr 20.000 ärztliche Fortbildungen in jedem Jahr systematisch durch. Bei strittigen Anträgen wird der Fortbildungsbeirat um Stellungnahme gebeten. Ergänzend steht uns die Widerspruchsstelle der Ärztekammer Berlin zur Verfügung. Der Fortbildungsausschuss hat Instrumente geschaffen und stetig weiterentwickelt, die helfen, eine hohe Qualität ärztlicher Fortbildung zu erreichen. Um diese zu erhalten, haben wir auch rechtliche Auseinandersetzungen nicht gescheut.

Mehr zum Thema

Die ärztliche Fortbildung reicht vom Medizinstudium über die Weiterbildung bis zum Renteneintritt – oder darüber hinaus. Alle Ärzt:innen, die ihren Beruf ausüben, sind zur Fortbildung verpflichtet. Was das bedeutet und welche Aufgaben den Ärztekammern dabei zukommen.

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