Zwischen Labor, Bühne und Sprechstunde

Was passiert, wenn die Medizin nicht der einzige Lebenstraum ist? Was, wenn nach der Promotion Theater und Fernsehen rufen? Hier erzählt Dr. med. Nadja Geuther, wie sie ihrer Leidenschaft gefolgt ist, ohne die Medizin ganz aufzugeben. Es ist eine Geschichte über Träume und den Mut, dafür auch verschiedene Berufswege einzuschlagen.

Nadja Geuther im Behandlungszimmer

Nadja Geuther im Behandlungszimmer

Schon als Kind stand Nadja Geuther gern auf der Bühne – und nennt rückblickend nicht das Schauspiel, sondern die Medizin ihren „zweiten“ Berufsweg. Nach dem Medizinstudium entschied sich die gebürtige Oberfränkin bewusst dafür, sich noch einmal ganz der Schauspielerei zu widmen. Der Traum, Schauspiel professionell zu lernen, begleitete sie seit Studienbeginn; während des Studiums beteiligte sie sich dann in der Theatergruppe der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Es war ein Traum, der in mir pulsierte – trotz all der rationalen Gegenargumente.“

Nach bestandenem Examen war für sie klar: Jetzt oder nie. Die Aufnahme an der renommierten Fritz-Kirchhoff-Schule „Der Kreis“ in Berlin war der Beginn ihrer zweiten Laufbahn.  Auch wenn sie heute, nach ihrem Examen, schwerpunktmäßig als Schauspielerin arbeitet, bleibt Geuther in der Medizin tätig, beispielsweise in der Teledermatologie. Ihre medizinische Laufbahn ist geprägt von Tiefe und Engagement: Ihre Promotion über Antibiotikaresistenzen in Ruanda mündete in ein von ihr aufgebautes internationales Forschungsprojekt. „Ich habe dort unglaublich viel gelernt – fachlich und menschlich.“ Die Ergebnisse veröffentlichte sie im Jahr 2023 in der Fachzeitschrift Tropical Medicine & International Health. „In beiden Berufen geht es darum, den Menschen zu verstehen – einmal aus wissenschaftlicher, einmal aus emotionaler Perspektive.“ 

Mehr Drama in der Anamnese

In der Schauspielschule hat sie gelernt, Emotionen zu erkennen, zu verstehen, auszuleben und einzufordern. „Vielleicht scheue ich mich jetzt weniger davor, auch mal direkter zu sein – mehr Drama in der Anamnese“, sagt sie lachend. Ihre Erfahrungen aus der klinischen Ausbildung helfen ihr beim Rollenverständnis, während ihre Bühnenerfahrung ihre ärztliche Kommunikation bereichert. Sie verbindet beides, etwa als Simulationspatientin für Berliner Medizinstudierende. 

Ich kann beides leben. Und vielleicht liegt gerade darin die größte Erfüllung.

Dr. med. Nadja Geuther

Aktuell ist sie unter anderem als Ärztin in der Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ) sowie in der ZDF-Serie „Dr. Nice“ zu sehen. Zudem hat sie derzeit eine Moderation für einen Imagefilm über ihre Heimatregion, abgedreht, der demnächst veröffentlicht wird. „Vielleicht ist das meine Nische: Rollen, die auf echter Erfahrung beruhen.” Diese Verbindung sei kein Widerspruch, sondern ein Geschenk: „Ich kann beides leben. Und vielleicht liegt gerade darin die größte Erfüllung.“ Ihr Rat an Kolleg:innen lautet: „Folge deinem Herzen – egal, was andere sagen. Wenn in dir etwas schlummert, wirst du es eh nicht ‚abstellen‘ können.“ Sie ermutigt dazu, persönliche Interessen ernst zu nehmen, auch wenn sie abseits klassischer Karrierepfade liegen. „Es muss kein Entweder–oder sein. Wie wär's mit einem ‚und‘?“ 

2025 standen gleich mehrere Abschlüsse an: bei der Schauspielausbildung und mit der Promotion. Auf der Bühne und im medizinischen Alltag ist sie angekommen. Sie ist offen für Neues und liebt das Abenteuer. Oder wie sie selbst sagt: „Hollywood, ich bin erreichbar.“ 

Schauspielerin Nadja Geuther auf der Bühne

Nadja Geuther auf der Bühne

Mehr Menschlichkeit, Reflexion und Kreativität

Wie viel Potenzial an Fähigkeiten, Arbeits- und Sichtweisen sowie Zufriedenheit liegt wohl brach, weil wir uns auf einen Karriereweg festlegen? Geschichten wie die von Nadja Geuther und Michael Heinrich zeigen, wie vielseitig der ärztliche Beruf gelebt werden kann – abseits von Klinikfluren und Sprechzimmern. 

Medizin lässt sich mit Kunst, Musik oder Schauspiel verbinden, ohne an Tiefe zu verlieren. Im Gegenteil: Wer den Mut hat, andere Wege zu gehen, bringt oft mehr Menschlichkeit, Reflexion und Kreativität in den Berufsalltag. Ärztin oder Arzt zu sein, bedeutet nicht nur zu behandeln, sondern Menschen zu begegnen – auch dort, wo man es nicht erwartet. Und manchmal bedeutet das: erst einen Umweg zu nehmen, um am Ende umso überzeugter zurückzukehren. 
 

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