Patient:innen als PROMinente

Das Projekt „Charité PROM Rollout – Integration der Patient:innen­perspektive in die Routineversorgung“ erfasst valide und standardisiert die Perspektive der Erkrankten in der Routineversorgung. Nun hat es den Lohfert-Preis 2023 bekommen.

Lohfert-Preis 2023 für das Projekt „Charité PROM Rollout – Integration der Patient:innenperspektive in die Routineversorgung"

Das Projektteam (von links nach rechts sowie von hinten nach vorne): Dr. Alizé Rogge, PD Dr. Felix Fischer, Dr. Andrea Figura, Claudia Hartmann, PD Dr. Maria Margarete Karsten, Dr. Christoph Paul Klapproth, Prof. Dr. Matthias Rose mit den Stiftungsvorständen Carolina Lohfert Praetorius sowie Prof. Dr. Dr. Kai Zacharowski, ML FRCA FESAIC (3. und 1. Person rechts)

Unter der Voraussetzung, dass es sich nicht um eine simple Höflichkeitsfloskel handelt, ist ein „Wie geht es Ihnen?“ wohl die wichtigste Frage, die Menschen einander stellen können. Im Kontext der Beziehung zwischen Ärzt:innen, Pflegenden und Patient:innen gewinnt die Frage aller Fragen nochmals an Bedeutung. Bei der Aufnahme im Krankenhaus, während der Behandlung und danach.

„Wir erfassen die Frage ‚Wie geht es Ihnen?‘ nun systematisch“, sagt Prof. Dr. Matthias Rose, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik der Charité – Universitätsmedizin Berlin, in einem Podcast der in Hamburg ansässigen Lohfert-Stiftung. Dort wurde Rose nach einem Projekt gefragt, für das er zusammen mit seinem Team vom Charité Center for Patient-Centered Outcomes Research (CPCOR) den diesjährigen Preis der Stiftung gewonnen hat. 

Patient:innen als Maß aller Dinge

Das Ziel des Projekts „Charité PROM Rollout – Integration der Patient:innenperspektive in die Routineversorgung“, das vom Vorstand Krankenversorgung des Universitätsklinikums ins Leben gerufen wurde, ist die Charité-weite Erfassung der durch die Patient:innen selbst berichteten Gesundheit. Bei der Aufnahme und zu mehreren späteren Zeitpunkten beantworten sie dafür am Tablet Fragen zu ihrem Befinden, zu Schmerzen, Müdigkeit und Schlaf, Einschränkungen im Alltag, sozialer Unterstützung, Sorgen, aktueller Stimmung und vielem mehr. Bei den „Patient-Reported Outcome Measures“, den PROMs, sind Patient:innen das Maß aller Dinge.

PD Dr. rer. nat. Felix Fischer, Leiter des CPCOR an der Charité-Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, ist für die Standardisierung der erhobenen Daten zuständig. International wird bereits seit Jahrzehnten zu Health Outcomes aus der subjektiven Sicht der Erkrankten geforscht. „Wir verfügen inzwischen über eine gute Auswahl an Fragebögen, die für alle möglichen Einsatzzwecke optimiert wurden“, sagt der Psychologe. Bei der Vergleichbarkeit hapere es allerdings noch. „Wir entwickeln konzeptionelle statistische Modelle, um sie herzustellen.“ 

Der überwiegende Anteil der Fragen habe krankheitsübergreifenden Charakter, erläutert Fischer, ein kleinerer Teil beziehe sich aber auf Probleme, die sich Menschen aufgrund der jeweiligen Erkrankungen stellen. So hat die Erfassung von Aspekten der Lebensqualität in der Onkologie schon eine längere Tradition als in anderen Bereichen der Medizin.

Schon heute werden PROMs nicht nur in der Charité-Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, sondern auch im Brustzentrum der Klinik für Gynäkologie, in den Einrichtungen des Wirbelsäulenzentrums, im Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie, und in der Klinik für Urologie erfragt. Ziel des prämierten Projekts ist es aber, das in allen Bereichen der Charité zu tun. In der Gastroenterologie, der Endokrinologie und der Nephrologie ist man gerade dabei, die PROMs zu implementieren. 

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Das Befinden strukturiert erheben

Der Ablauf dafür ist festgelegt: Es gibt zunächst eintägige Schulungen für Ärzt:innen und Pflegende, anschließend werden aus beiden Bereichen Verantwortliche benannt, Mitarbeitende des CPCOR bieten vertiefende Schulungen und Unterstützung an, vier Wochen nach dem Start wird über den Nutzen und die Praktikabilität gesprochen.

Systematisch und in standardisierter Form alle Menschen, die in einem großen Klinikum Hilfe suchen, nach ihrem Befinden zu fragen und die Antworten in der Krankenakte elektronisch zu hinterlegen, bedeute vor allem eine „Veränderung der Haltung“, betont Rose. Neben dem unmittelbaren Nutzen direkt nach der Aufnahme ermögliche es auch Vergleiche mit anderen Patienten, könne bei der Planung von Therapien Gewinn bringen und letztlich auch der ökonomischen Steuerung dienen.

Die Tablet-Fragerunde werde bisher gut angenommen, versichert PD Dr. med. Maria Karsten, Oberärztin am Brustzentrum der Charité. „Die strukturierte Erhebung des aktuellen Befindens ist insbesondere im onkologischen Bereich sehr hilfreich für das Behandlungsteam und die Patientinnen.“ Die Onkologin betrachtet die Erhebungen als Möglichkeit, viele verschiedene Informationen strukturiert in kurzer Zeit zu erfassen. Was die Patient:innen hier mitteilen, solle in der klinischen Dokumentation „den gleichen Status wie die Laborwerte“ erreichen. 

Lohfert-Preis 2023 für „Charité PROM Rollout“

Die Christoph Lohfert Stiftung, die den mit 20.000 Euro dotierten Preis in diesem Jahr zum elften Mal vergibt, setzt sich für Qualität und Patientenorientierung in der medizinischen Versorgung ein. Stiftungsgründer Christoph Lohfert war als Unternehmensberater vor allem im stationären Bereich der Medizin tätig. Aus seiner Erfahrung, dass mit zunehmender Spezialisierung und Technisierung die Gefahr wachse, die Bedürfnisse der Patienten nicht mehr im Mittelpunkt zu sehen, habe er mit seiner 2010 gegründeten Stiftung Projekte fördern wollen, die die Patientenzentrierung fördern, berichtet Julia Hauck von der Stiftungskommunikation im Gespräch mit „Berliner Ärzt:innen“. 

Lobende Erwähnung fanden diesmal bei der feierlichen Preisverleihung am 19. September in Hamburg auch das Helferportal, das die professionelle ambulante Pflege ergänzt, das Projekt PINK! zur digitalen Unterstützung von Brustkrebspatientinnen und die Austausch- und Vernetzungs-Community ZUKE Green für nachhaltiges Wirtschaften im Gesundheitswesen.

Die Charité-Preisträger:innen werden das Preisgeld ihrerseits für Preise einsetzen: „Wir möchten die Kollegen und Kolleginnen an der Charité prämieren, die PROMs bereits bei sich implementiert haben, um die Arbeit der Teams zu würdigen“, verrät Felix Fischer.  „Der Preis wird uns sehr helfen, die nächsten Schritte zu gehen“, freut sich Matthias Rose.

Lohfert-Preis

Interview zur patientenzentrierten Versorgung

Wie lässt sich die Perspektive von Patien:innen stärker in die Medizin integrieren und welche Entwicklungen ergeben sich daraus?

Um diese und weitere Fragen geht es im Interview der Christoph Lohfert Stiftung mit Prof. Dr. Matthias Rose zu seinem Projekt „Charité PROM Rollout – Integration der Patient:innenperspektive in die Routineversorgung“. 

Das Interview zum Nachhören: Podcast.

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