Wird die Digitalisierung durch Praxisverwaltungssysteme gefördert oder behindert?

Mit einer Umfrage unter niedergelassenen Ärzt:innen möchte das „Ärztenetzwerk Berlin“ Unterschiede in der Nutzerfreundlichkeit und im Service von Anbietern von Praxisverwaltungssystemen identifizieren und möglichen Fehlentwicklungen in der Konzeption sowie bei Funktionen und Prozessen gegensteuern.

Wie kann Ärzt:innen geholfen werden?

Im Kooperationsnetzwerk „Ärztenetzwerk Berlin“, das seit November 2021 besteht, tauschen sich Ärzt:innen und Vertreter:innen der gematik regelmäßig über die Umsetzung der Digitalisierung aus. Dabei hat sich gezeigt, dass eine Vielzahl der Probleme der Digitalisierung im ambulanten Bereich und bei der Telematikinfrastruktur auf der Ebene der Praxisverwaltungssysteme (PVS) entstehen. Ein Beispiel ist die Einführung des eRezeptes. Bei einigen PVS lief die Einführung problemlos. Im Gegensatz dazu ist dies bei anderen PVS umständlich, sodass es viel mehr Zeit kostet, ein eRezept zu erstellen. Natürlich hält das den Praxisbetrieb auf. Im Austausch mit der gematik hat sich ergeben, dass aktuell weder Ärzt:innen noch die gematik effektive Möglichkeiten besitzen, den PVS-Anbietern Vorgaben für eine praktikable Umsetzung der Digitalisierung zu machen. Die PVS müssen zwar von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zugelassen werden, aber außer dem Entzug der Zulassung hat auch die KBV keinen Einfluss bei Fehlentwicklungen.

Erst einmal fehlt ein Vergleich, wie praktikabel die PVS im Alltag sind. Offenbar wird der Wechsel von einem reinen Karteikartensystem zum volldigitalen, zeitgemäß eingebundenen System unterschiedlich umgesetzt. Wie soll eine Ärztin oder ein Arzt, die bzw. der sich niederlassen möchte, aus der Vielzahl der Systeme das PVS auswählen, dem die Umsetzung der Potenziale der Digitalisierung gut gelungen ist? Gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat das Ärztenetzwerk Berlin dazu eine Umfrage geplant. Diese Umfrage schließt an die Befragung des IGES Institut an, das im Auftrag der KBV Vertragsärzt:innen sowie Vertragspsychotherapeut:innen interviewt hat (PraxisBarometer Digitalisierung 2022). 

Demnach ist aktuell in mehr als 80 Prozent der Arztpraxen die Patientendokumentation nahezu komplett oder mehrheitlich digitalisiert. Mehrheitlich negativ sind die Erfahrungen mit digitalen Anwendungen im Hinblick auf den Zeitaufwand des ärztlichen und nichtärztlichen Praxispersonals sowie die Anwendbarkeit der Prozesse in der Praxis. Für den elektronischen Medikamentenplan ist der Anteil von „sehr oder eher zufriedenen“ Praxen mit 42 Prozent am höchsten. Dagegen überwiegt die Unzufriedenheit deutlich beim Notfalldatenmanagement sowie bei der ePA, dem eRezept und der eAU. Die Mitglieder des Ärztenetzwerkes Berlin sind überzeugt, dass die Umsetzung der Digitalisierung vor allem durch die teilweise praxisferne Umsetzung in den PVS und durch Probleme bei der Betreuung durch die Softwarehäuser behindert wird.

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Praxisverwaltungssysteme gezielt vergleichen

In einer eigenen Umfrage will das Ärztenetzwerk Berlin diese Probleme nun genauer identifizieren: Gezielte Fragen sollen helfen, die Erfahrungen von niedergelassenen Ärzt:innen mit digitalen Anwendungen zu erfassen und so einen Vergleich der PVS hinsichtlich der praktischen Umsetzung der Digitalisierung und Telematik zu ermöglichen. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) ein Fragebogen entwickelt (siehe unten). 

Der Fragebogen richtet sich zunächst an Berliner Ärzt:innen und deren Mitarbeitende. Das Ärztenetzwerk Berlin hofft auf eine rege Beteiligung und bittet daher um Weiterleitung auch an Praxismitarbeitende. Im nächsten Schritt ist geplant, die Umfrage über das Zi deutschlandweit auszurollen. Das Ziel ist, neben der Erfassung des Status quo Einfluss auf die PVS-Betreiber nehmen zu können. Damit will das Ärztenetzwerk Berlin erreichen, dass die Digitalisierung Ärzt:innen im Praxisalltag wirklich entlastet, dass sich die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen verbessert und die Versorgungsqualität auch bei steigenden Anforderungen und zunehmendem Fachkräftemangel sichergestellt wird.

Umfrage

Erhebung zu Praxisverwaltungssystemen (PVS) und zur Telematikinfrastruktur

Ziel dieser Erhebung ist es, Unterschiede in der Nutzerfreundlichkeit und im Service von Anbietern von Praxisverwaltungssystemen zu identifizieren und einen Einblick in die Implementierung der Telematikinfrastruktur in ambulanten Praxen zu bekommen.

Das Ärztenetzwerk Berlin bittet um die Unterstützung aller niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie von deren Praxismitarbeitenden.

Hier geht es direkt zur Umfrage: https://zentralinstitut.limesurvey.net/189698?lang=de

Wichtige Informationen:

  • Die Teilnahme an der Befragung ist freiwillig.
  • Die Bearbeitungsdauer beträgt ca. 5 bis 10 Minuten.
  • Die Datenerhebung erfolgt anonym.
  • Bitte beantworten Sie die Umfrage bis spätestens 02.07.2023.

Autor:innen

  • Dr. med. Klaus-Peter Spies
  • Dr. med. Irmgard Landgraf
  • Dr. med. Sebastian Carnarius
  • Dr. rer. pol. Dominik Graf von Stillfried
  • Lars Gottwald

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