Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub!
Am 22. September 2025 war kalendarischer Herbstbeginn. Doch bevor Sie jetzt vorausschauend mit nur noch fernen, nahezu sfumato-verblassten Sommerurlaubserinnerungen in graue Novemberstimmung verfallen, denken Sie daran: Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub! Zwar bestätigen Wissenschaftler:innen, dass mehrere kleine Auszeiten genauso erholsam sein können wie ein langer Jahresurlaub, doch wir Mediziner:innen wissen, dass jegliche Urlaubserholung spätestens nach zehn Minuten Abarbeiten der überfüllten Sprechstunde oder dem Eintauchen in die Nachtdienstwoche kurz nach der Landung des Fliegers sowieso dahin ist. Die Frage nach chilligem Nichtstun oder stressigem Sightseeing stellt sich auch nicht mehr, wenn die Kolleg:innen in ihren Accounts darum wetteifern, wer die zerbröselteste E-Scooter-Fraktur oder die schnellste Badeunfall-Reanimation bieten kann.
Also ab an die Urlaubsplanung für 2026! Ende November muss arbeitsrechtlich der Jahresurlaubsplan der Abteilung bzw. der Praxis stehen. Bitte beachten Sie dabei, dass es aufgrund des Klimawandels günstiger ist, nicht im Sommer, sondern jetzt in den Urlaub zu fahren. Haben Sie die Diskussion über die Rotation der Schulsommerferien mitbekommen? Zunächst hieß es ja, dass Bayern und Baden-Württemberg so spät Ferien haben müssten, weil die Kinder dort bei der Ernte auf dem Feld unentbehrlich seien. Das könnte höchstens in Zukunft wieder der Fall sein, wenn Herr D. den östlichen Erntehelfer:innen die Einreise verweigert und der Hopfen in der Hallertau zu verschimmeln droht. Später meldete sich der damalige bayerische Kultusminister zu Wort und ließ verlauten, dass er sein Bundesland in den 1970ern bezüglich der späten Ferien „geopfert“ habe. Aufgrund der beginnenden Herbstkälte habe niemand zu einem so späten Zeitpunkt freiwillig Ferien machen wollen. Durch die Verschiebung der Jahreszeiten und die Hitzesommer befänden sich die südlichen Urlaubsländer nun unverschuldet in einer exzellenten Urlaubsposition. Wenn sie sich da mal nicht zu früh freuen!
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Denn die Verschiebung des Klimas bringt auch ungebetene Gäste in den Süden. Bisher war eine reisemedizinische Urlaubsberatung bezüglich Malaria, Gelbfieber und Dengue nur bei exotischen Urlaubszielen indiziert. Doch Tropenkrankheiten wie Chikungunya könnten bald auch in unseren Gefilden endemisch sein: Im Sauerland, im Elsass und in Stuttgart sind die Tigermücken bereits angekommen. In Rom gab es 2017 einen größeren Ausbruch mit mehr als 300 Chikungunya-Infektionen, und ein Viertel aller Dengue-Infektionen in Italien wurde im Land selbst erworben. Chikungunya bedeutet „gebeugter Mann“ und ist eine schmerzhafte Gelenkerkrankung mit Hautveränderungen, die meist selbstlimitierend ist, aber auch in ein hämorrhagisches Fieber übergehen kann.
Sie müssen ja nicht gleich ins Extrem des Hikikomori verfallen, eine aus Japan stammende Erscheinung, bei der sich Menschen in einer Form des totalen sozialen Rückzugs in ihrer Wohnung einigeln. Da entgehen Sie auch der UVStrahlung – sofern Sie sich von Fenstern fernhalten – und dem Trend aus China, zum Sonnenschutz bankräuberartige Gesichtsmasken tragen zu müssen. Ebenso geraten Sie nicht in die Verlegenheit, beim mallorquinischen Poolliegen- Handtuchstreit mit Engländer:innen physische oder psychische Verletzungen davonzutragen.
Doch wieso eigentlich bis 2026 warten? Nehmen Sie sich jetzt eine Auszeit und gehen Sie auf Mikroabenteuer! Die neue Saison der Berliner Eisbären, die jetzt beginnt, verspricht mückenfreies Finnland-Feeling und die Theater- und Opernhäuser kehren aus der Sommerpause zurück. Im Berliner Ensemble stellt sich der Iffland-Ring-Träger Jens Harzer mit einem Oscar-Wilde-Soloprogramm vor. Leider ist die Veranstaltung noch nicht als ärztliche Fortbildung zum Thema „Psychische Krisen“ mit CMEPunkten versehen. Auch musikalisch ist es nicht notwendig, Berlin zu verlassen, denn Stars wie Lady Gaga und Sting kommen hierher.
Egal, wie und wo – bis zum nächsten Urlaub verschreibe ich Ihnen: eine kleine Auszeit!