Frei und sicher: Was bringt die Berliner Ärzteversorgung für Jung und Alt?

Dass Ärztinnen und Ärzte bei der Rente ihr eigenes Süppchen kochen, war politisch einmal so gewollt. Doch was leisten die Ärzteversorgungswerke eigentlich und worin unterscheiden sie sich von der Deutschen Rentenversicherung? Ein Überblick.

Ärzteversorgung: Berufliche Stationen von Ärzt:innen bis zur Rente

Ärzt:innen durchlaufen wie Angehörige anderer Berufsgruppen in ihrer Karriere unterschiedliche Stationen bis zur Rente.

Was es mit der Altersvorsorge für Ärztinnen und Ärzte auf sich hat

Zugegeben: Berufsständische Versorgungswerke – das klingt nicht gerade sexy. Aber sind Bodenständigkeit und Zuverlässigkeit nicht wichtiger, wenn es um die Altersvorsorge geht? Versorgungswerke sind in Deutschland das Pendant zur Deutschen Rentenversicherung (DRV) und ausschließlich für Menschen mit „Kammerberufen“ wie Rechtsanwält:innen, Architekt:innen, Apotheker:innen und eben auch Ärzt:innen da. Sie zahlen eine Altersrente aus und leisten noch ein bisschen mehr. Für die rund 421.000 Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind die sogenannten Ärzteversorgungswerke nicht nur zuständig, sondern auch Pflicht.

Dennoch sind Versorgungswerke für viele, insbesondere für Berufseinsteiger:innen, ein Buch mit sieben Siegeln. Darum soll in diesem Artikel ein Überblick gegeben werden, was es mit der Altersvorsorge für Ärztinnen und Ärzte und speziell für die Berliner Ärzt:innenschaft auf sich hat.

Das Beste vorab: Wer in das Berliner Ärzteversorgungswerk einzahlt, der bekommt später eine Rente, die höher ausfällt als die der gesetzlichen Rentenversicherung. Ein Rechenbeispiel der Berliner Ärzteversorgung (BÄV) zeigt: Bei gleicher Beitragszahlung über 35 Jahre würde sich bei der Berliner Ärzteversorgung eine monatliche Bruttorente von 3.781 Euro ergeben, bei der DRV beträgt die Rente hingegen 2.632 Euro. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass die DRV den Krankenkassenbeitrag mit durchschnittlich 8,1 Prozent bezuschusst, was die Ärzteversorgung nicht tut. Trotzdem fällt die „Ärzterente“ unterm Strich fast ein Drittel höher aus als die DRV-Rente. Nicht umsonst gelten Ärzteversorgungswerke als die „Luxusklasse“ unter den Rentenversicherungen.

Warum haben Ärzt:innen eine eigene Rentenversicherung?

Tatsächlich geht die Gründung des ersten Ärzteversorgungswerks in Deutschland auf eine Krise zurück. So hat die große Inflation nach dem Ersten Weltkrieg das private Vorsorgekapital von Ärztinnen und Ärzten weitgehend aufgefressen. Da Freiberufler:innen damals von der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen waren, waren diese Berufsgruppen in der Folge besonders von Altersarmut bedroht. Bayern beschloss darum im Jahr 1923, das erste berufsständische Versorgungswerk überhaupt zu gründen: die Bayerische Ärzteversorgung – eine echte Innovation für die damalige Zeit.

In großer Zahl nachgeahmt wurde das bayerische Modell aber erst nach der großen Rentenreform 1957, als es Selbstständigen nicht mehr möglich war, sich freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung zu versichern. Die Bundesregierung unter Konrad Adenauer war damals der Auffassung, dass Freie Berufe der gesellschaftlichen Solidarität nicht bedürften und sich selbst um ihre Alterssicherung zu kümmern hätten. In der Folge entstanden weitere Versorgungswerke für sämtliche Kammerberufe. Wenn heute mitunter darüber geklagt wird, dass sich manche Berufsgruppen der Solidargemeinschaft – sprich der gesetzlichen Rentenversicherung – entziehen, dann war das im Ursprung nicht freiwillig: Es war politisch so gewollt.

18 Ärzteversorgungswerke – eines davon ist Pflicht!

Derzeit gibt es in Deutschland insgesamt 18 Ärzteversorgungswerke, eines pro Bundesland plus Trier und Westfalen- Lippe. Jede Ärztin und jeder Arzt ist Pflichtmitglied beim regional zuständigen Versorgungswerk, muss sich dort anmelden und in die Altersversorgung einzahlen. Aussuchen kann man sich die Ärzteversorgung also nicht.

Wer umzieht, muss mit seiner Mitgliedschaft in das dort zuständige Versorgungswerk wechseln. Die geleisteten Beiträge können ins neue Versorgungswerk übergeleitet werden, wenn die Ärztin oder der Arzt jünger als 50 Jahre ist und im bisherigen Versorgungswerk höchstens 96 Monate lang Beiträge gezahlt hat. Ist das nicht der Fall, wird die Rente später von verschiedenen Ärzteversorgungen anteilig ausgezahlt.

Und es gilt noch etwas zu beachten: Angestellte sind in Deutschland grundsätzlich in der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert. Da aber die Ärzteversorgung ebenfalls verpflichtend ist, haben angestellte Ärzt:innen das Recht, sich von der DRV befreien zu lassen. Dieser Schritt muss aktiv getätigt werden und ist wichtig, um doppelte Beitragszahlungen zu vermeiden.

Tipp

Doppelte Beitragspflicht vermeiden

Die ärztliche Berufslaufbahn beginnt in aller Regel erst einmal in Anstellung. Genau genommen müssten Ärzt:innen dann in zwei Rentenkassen einzahlen – in die gesetzliche Rentenversicherung und in das Ärzteversorgungswerk.

Um eine doppelte Beitragspflicht zu vermeiden, können sich Ärzt:innen aber von der Deutschen Rentenversicherung befreien lassen. Es ist ratsam, den Antrag auf Befreiung von der DRV gleich beim Berufseinstieg zu stellen. Das muss spätestens drei Monate nach der Aufnahme der beruflichen Tätigkeit passieren. Eventuell doppelt gezahlte Beträge gibt es danach nicht mehr zurück. Wer in ein anderes Bundesland zieht und damit in ein anderes Versorgungswerk wechselt, muss sich erneut von der DRV befreien lassen.

Seit 1. Januar 2023 kann der DRV-Befreiungsantrag ausschließlich online gestellt werden: www.e-befreiungsantrag.de/ebefreiung/#/?bvnumber=005

Unterschied zur Deutschen Rentenversicherung

Menschen im Alter oder bei Berufsunfähigkeit mit einer Rente absichern – das wollen sowohl die DRV als auch die Ärzteversorgungswerke. Nur der Weg zum Ziel ist ein anderer. Die DRV finanziert die zu zahlenden Renten aus den eingenommenen Beiträgen nach dem sogenannten Umlageverfahren. Die Ärzteversorgungswerke machen das nur zum Teil. Sie nutzen die Beiträge vor allem, um sie am Kapitalmarkt anzulegen, etwa in Immobilien, Anleihen oder Aktien. Die daraus erwirtschafteten Erträge fließen dann ebenfalls in die Renten ein. Die Mischung aus Umlage und Kapitaldeckung nennt sich „offenes Deckungsplanverfahren“. Dieses Verfahren verbessert die Risikotragfähigkeit und damit die Gestaltungsmöglichkeiten bei der Kapitalanlage. Dadurch sind die Renten aus der Ärzteversorgung höher als die der DRV. Entsprechend großzügiger fallen auch die Leistungen für Hinterbliebene im Todesfall und die Berufsunfähigkeitsrenten aus.

Allerdings zahlt die DRV auch dann schon Renten, wenn „nur“ eine Erwerbsminderung vorliegt. Bei den Ärzteversorgungswerken muss hingegen eine volle Berufsunfähigkeit vorliegen, was eine höhere Hürde ist. Die DRV zahlt zudem Reha-Maßnahmen und Übergangsgelder für die Zeit des Einkommensausfalls. Ärzteversorgungswerke beteiligen sich lediglich in bestimmten Fällen an Reha-Maßnahmen, und ein Übergangsgeld wird generell nicht gezahlt. Auch Zuschüsse zur Krankenversicherung, die die DRV ihren Rentner:innen zahlt, gibt es bei den Versorgungswerken nicht. In diesen drei Punkten bieten die Ärzteversorgungen ihren Mitgliedern weniger als die DRV.

Gleich hingegen sind der monatliche Beitragssatz von derzeit 18,6 Prozent des Bruttoeinkommens sowie im Wesentlichen auch das Renteneintrittsalter, das jahrgangsabhängig derzeit bei maximal 67 Jahren liegt. Die Versorgungswerke sind hierbei an die gesetzlichen Vorgaben gebunden. Außerdem gelten alle Renten über einem bestimmten Freibetrag als steuerpflichtiges Einkommen. In diesen sauren Apfel müssen vor allem Gutverdienende beißen.

Dass Rentnerinnen und Rentner ohne Abzug unbegrenzt zur Altersrente hinzuverdienen können, war bei den Versorgungswerken schon immer selbstverständlich. Bei der DRV war dies bisher nur für die reguläre Rente möglich, nicht aber für die vorgezogene Rente. Erst seit Januar 2023 können auch gesetzlich versicherte Frührentner:innen weiter arbeiten, ohne dass ihnen die Rente gekürzt wird.

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Jedes Ärzteversorgungswerk hat seine eigene Satzung

Grundsätzlich bieten alle ärztlichen Versorgungswerke

  • Altersrente,
  • Witwen- und Waisenrente für Hinterbliebene,
  • Ruhegeld im Fall der vollständigen Berufsunfähigkeit,

jedoch hat jedes Versorgungswerk eine eigene Satzung und die Leistungen können sich enorm unterscheiden. Das hängt zum einen mit den jeweiligen demografischen Strukturen zusammen, zum anderen entscheidet jedes Versorgungswerk selbst über das Mischungsverhältnis aus Umlage und Kapitaldeckung. Dementsprechend sind die einzelnen Versorgungswerke wirtschaftlich auch unterschiedlich aufgestellt. Die unterschiedliche Leistungskraft ist zudem wesentlich auf den Erfolg bei der Kapitalanlage zurückzuführen.

Das wirkt sich natürlich auch auf die Höhe der Rente beziehungsweise auf die Rentenanwartschaft aus. Wie viel Rente eine Ärztin oder ein Arzt im Ruhestand bekommt, hat also nicht nur etwas mit der Dauer und Höhe der eingezahlten Beiträge zu tun, sondern auch mit dem Arbeitsort bzw. dem zuständigen Versorgungswerk. Entsprechend unterschiedlich fallen auch die an die Rente gekoppelten Leistungen wie Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrenten aus.

Unterschiede gibt es weiterhin beim Renteneintrittsalter. Wer seine Arbeitszeit schon vor dem Rentenalter herunterfahren will, kann bei einigen Ärzteversorgungswerken, darunter auch die Berliner Ärzteversorgung, eine Teilrente bekommen und weiter in Teilzeit arbeiten. Diese Flexibilität bieten aber nicht alle an.

Die Berliner Ärzteversorgung

Die  Berliner Ärzteversorgung (BÄV) ist ein echter Babyboomer. 1966 von der Ärztekammer Berlin gegründet, sorgt sie seither für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung ihrer Mitglieder. Sie wird in ärztlicher Selbstverwaltung betrieben. Verwaltungsausschuss, Aufsichtsausschuss und Vertreterversammlung arbeiten ehrenamtlich. Die Verwaltungskosten sind schmal, genauer gesagt gerade mal 0,81 Prozent.

Tipp

Anmeldung bei der BÄV

Für die Mitgliedschaft in der Berliner Ärzteversorgung müssen ein paar Formalitäten erledigt werden. Die entsprechenden Formulare und Anleitungen finden sich auf der Website der Berliner Ärzteversorgung: www.vw-baev.de.

Angestellte Ärzt:innen sollten gleich bei der Anmeldung an den DRV-Befreiungsantrag denken. Der entsprechende Link findet sich unter Mitglied werden >> Ich bin angestellt.

Ärzt:innen, die bei der Ärztekammer Berlin gemeldet sind, sind grundsätzlich auch Mitglied der BÄV. Ausgenommen von der Pflichtmitgliedschaft sind nur Ärzt:innen, die ihren ärztlichen Beruf nicht ausüben, verbeamtet oder in beamtenähnlichen Verhältnissen sind. Aktuell stehen rund 35.000 aktive Mitglieder etwa 9.600 Versorgungsempfänger:innen gegenüber. Dabei werden gewaltige Summen bewegt: So betragen die Beitragseinnahmen rund 405 Millionen Euro und die Auszahlung von Versorgungsleistungen rund 284 Millionen Euro. Das gesamte Kapitalanlagevolumen beläuft sich derzeit auf rund 11,2 Milliarden Euro (Stand 31.12.2022).

Investment in Nachhaltigkeit

Die BÄV legt die Beiträge ihrer Mitglieder in einem ausgeklügelten Mix aus Anleihen, Aktien, Immobilien und alternativen Investments an. Ziel dieser Diversifikation ist es, die Gewinne möglichst groß und die Verluste möglichst kleinzuhalten. Diese Strategie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt. Seit dem Jahr 2008 sind Nachhaltigkeitsaspekte hinzugekommen.

Das bedeutet: Das Versorgungswerk achtet bei den Investments auf ethische, soziale und ökologische Standards, investiert also nur dort, wo bestimmte ESG-Aspekte (Environmental, Social und Governance) eingehalten werden. Diese Haltung wurde 2020 mit der Unterzeichnung der von den Vereinten Nationen unterstützten „Principles for Responsible Investment“ (PRI) besiegelt. Was, wie und wo investiert wird, darüber legt der jährliche Nachhaltigkeitsbericht der BÄV Rechenschaft ab.

Wer in die BÄV einzahlt, bekommt ordentlich was zurück. Der Rechnungszins beträgt vier Prozent, gegebenenfalls kommen Dynamisierungen hinzu. Die Kapitaldeckung macht das System weniger anfällig für demografische Schwankungen, weshalb die Rente vom Versorgungswerk als sehr sicher gilt. Obendrein ist eine Aufstockung der späteren Rente möglich: Freiwillige Beitragszahlungen können den Pflichtbeitrag um bis das 1,8-Fache übersteigen und werden von Expert:innen als zusätzliche Altersvorsorge empfohlen.

Tipp

Portal der Berliner Ärzteversorgung

Wer sich unter www.vw-baev.de/mein-versorgungswerk freiwillig bei „Mein Portal“ registriert, erhält Zugriff auf seine persönlichen Renten- und Anwartschaftsinformationen, etwa zum regulären Rentenbeginn und zur Rentenhöhe. Außerdem können Mitteilungen und Dokumente sicher und schnell an das Versorgungswerk geschickt und Daten so einfach geändert werden.

Mit dem individuellen „Rentenrechner“ lassen sich zudem verschiedene Szenarien durchspielen, der „Wunschrechner“ ermittelt die notwendigen Beitragszahlungen für die Wunschrente und der „Schnellrechner“ zeigt, wie sich Einmalzahlungen auf die Rente auswirken können.

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