Wunsch- und Wahlrecht stärkt Selbstbestimmung in der medizinischen Rehabilitation

Seit Juli 2023 gilt das sogenannte Trio-Gesetz mit neuen Regelungen im § 15 Sozialgesetzbuch (SGB) VI, die für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei der Vergabe medizinischer Rehabilitationsleistungen sorgen. Ein zentrales Element ist das konsequent verankerte Wunsch- und Wahlrecht nach § 8 SGB IX. Ärzt:innen sollten Patient:innen aktiv darüber informieren und bei der Klinikwahl beraten.

Wunsch- und Wahlrecht in der medizinischen Rehabilitation

Mehr Mitsprache bei Rehaklinik-Wahl

Versicherte aller Kostenträger, wie etwa der Deutschen Rentenversicherung, können seitdem bis zu drei Wunsch-Reha-Einrichtungen angeben, wenn sie eine Rehabilitationsmaßnahme beantragen. Die Träger der Rentenversicherung müssen diese in der Regel verpflichtend berücksichtigen. Ziel ist es, Patient:innen eine aktivere Rolle in ihrer Behandlung zu ermöglichen, individuelle Bedarfe stärker zu berücksichtigen und den nachhaltigen Erfolg rehabilitativer Maßnahmen zu fördern.

Besonders in der psychosomatischen Rehabilitation ist das Wunsch- und Wahlrecht wichtig. Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen erleben ihre Erkrankung häufig als Kontrollverlust. Wenn sie selbstbestimmt entscheiden können, wo sie behandelt werden, kann dies die Akzeptanz der Maßnahme, die Motivation und die Bindung an die Therapie wesentlich verbessern. Ein individuell passendes Behandlungskonzept, ein vertrautes Setting oder die Nähe zum sozialen Umfeld können für den Heilungsverlauf entscheidend sein.

Was haben Patient:innen konkret davon?

Für viele Betroffene bedeutet das Wunsch- und Wahlrecht erstmals echte Mitsprache bei der Auswahl ihrer Rehaklinik. Sie können aktiv Einfluss darauf nehmen, wo sie ihre Behandlung erhalten – zum Beispiel, weil sie bereits gute Erfahrungen mit der Einrichtung gemacht haben, weil ein besonders geeignetes Therapieangebot vorhanden ist oder weil ein bestimmtes Setting, etwa wohnortnah oder bewusst weiter entfernt, psychisch entlastend wirkt. Gerade in der psychosomatischen Indikation, in der Vertrauen und persönliche Passung zentrale Erfolgsfaktoren sind, kann das Wunsch- und Wahlrecht dazu beitragen, Ängste zu reduzieren, die Motivation zu steigern und Rückfälle zu vermeiden.

Vorteile für Ärzt:innen und Zuweisende

Für behandelnde Ärzt:innen eröffnet das Wahlrecht die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Patient:innen über die bestmögliche Einrichtung nachzudenken und sie so bei ihrer individuellen Therapieentscheidung gezielt zu begleiten. Vielen Patient:innen ist dieses Verfahren bislang nicht bekannt – sie verlassen sich auf Vorschläge des Kostenträgers oder nehmen standardisierte Zuweisungen an, ohne ihre Rechte auszu­schöpfen. Ärzt:innen, die aktiv informieren, stärken das Vertrauen in ihre Beratung. Zudem können sie bei komplexen psychosomatischen Krankheits­bildern entscheidend dazu beitragen, dass Betroffene in einer zu ihren Bedürfnissen passenden Einrichtung behandelt werden. Dies kann Rückfragen, Missverständnisse und Anträge auf Änderung der Rehaklinik nach der Bewilligung reduzieren.

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Kriterien für die Berücksichtigung eines Klinikwunsches

Damit ein Wunsch genehmigt wird, muss die gewählte Einrichtung folgende Kriterien erfüllen. Sie muss

  • medizinisch für die Behandlung der vorliegenden Erkrankung geeignet sein,
  • einen Versorgungs- und Belegungsvertrag mit dem jeweiligen Kostenträger haben und
  • und nach den gesetzlichen Qualitätsstandards zertifiziert sein.

Bei der Begründung des Wunsches ist es hilfreich, neben der fachlichen Eignung auch individuelle Argumente zu nennen. Das können ein spezialisiertes Therapiekonzept, die Behandlung komorbider Erkrankungen, ein interdisziplinäres Setting oder positive Erfahrungen aus einer früheren Rehabilitation sein. Auch psychosoziale Aspekte wie ein vertrautes Umfeld oder das Gefühl von Sicherheit können eine wichtige Rolle spielen.

Antrag stellen und Widerspruch einlegen

Das Wunsch- und Wahlrecht kann direkt mit dem Reha-Antrag oder bis zum Beginn der Maßnahme geltend gemacht werden. Wird der Wunsch abgelehnt, können Betroffene Widerspruch einlegen – häufig mit Erfolg, wenn die Eignung gut begründet ist. Damit der Antrag rasch und reibungslos bearbeitet werden kann, empfiehlt es sich, genaue Angaben zur Wunschklinik zu machen und die Gründe klar darzulegen. Die Deutsche Rentenversicherung stellt hierzu Formulare und weiterführende Informationen bereit: www.meine-rehabilitation.de.

Fazit

Das Wunsch- und Wahlrecht ist ein wichtiger Baustein für eine wirksame und selbstbestimmte medizinische Rehabilitation, insbesondere in der Psychosomatik. Ärzt:innen können ihre Patient:innen aktiv dabei unterstützen, dieses Recht zu nutzen und so die Chancen auf eine passgenaue, nachhaltig wirksame Behandlung zu erhöhen. Für Patient:innen bedeutet es mehr Transparenz, mehr Mitgestaltung – und oft auch mehr Zuversicht auf dem Weg zurück in Alltag und Beruf.

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