Geteilte Leidenschaften
„Selbst wenn ich im Lotto gewinnen würde, wäre ich weiterhin ärztlich tätig.“ Dr. med. Jan Wähner denkt nicht lange nach bei der Frage, ob er sich am liebsten nur noch mit dem beschäftigen würde, was ihm in der Freizeit wichtig ist. Er ist gerne Arzt, sein Fachgebiet liegt ihm. Doch seitdem er vor gut einem Jahr seine Stelle in der Klinik mit der in einer Fachpraxis für Gastroenterologie in der Altstadt von Spandau getauscht hat, bleibt ihm mehr Zeit für Dinge, die ihm neben dem Arztberuf auch wichtig sind. Seine Familie zum Beispiel. Allerdings sind seine Frau Ulla und die Söhne Jonas und Henrik nicht seine einzige Leidenschaft.
Seit seiner Jugend fotografiert Wähner für sein Leben gerne – mit großer Begeisterung fürs Detail, ganz wörtlich gemeint. Seine Lieblingsmotive erzählen Geschichten, die mit dem bloßen Auge nicht immer leicht zu erkennen sind. Die Fotos sollen auch zum Nachdenken anregen und haben oft eine ernste Botschaft. Sie zeigen kleine Miniaturfiguren, die lustige oder absurde Dinge tun: Sie machen zum Beispiel Nebengeräusche auf dem Stethoskop, saunieren in einer Streichholzschachtel oder liefern sich Fahrradrennen auf Langspielplatten. So lässt der 46-Jährige ganz neue Welten entstehen.
Gestaltung und Design sind Wähners Themen. Und er spielt Schach, genauer gesagt Ärzteschach. So arbeitet er ehrenamtlich daran mit, dass sich jedes Jahr um die 150 Ärztinnen und Ärzte in Bad Homburg vor der Höhe zur Deutschen Ärztemeisterschaft im Schach treffen können, in diesem Jahr bereits zum 33. Mal. Neben dem Hauptturnier wird auch Simultan- und Blitzschach gespielt. Die Plätze sind meist schnell vergriffen.
Das Schöne ist, dass man Beruf und ein Hobby gemeinsam hat. Das führt zu einer sehr familiären Atmosphäre.

Dame und Engel auf Schachfeld.
Foto: Dr. med. Jan Wähner
Miniaturen, Schach und Fotografie: Mit Liebe zum Detail verbindet Dr. med. Jan Wähner seine Interessen.
Auch hier kümmert sich Wähner um die Details: Als Webmaster sorgt er dafür, dass die Website aktuell ist, dass die Anmeldung zum Turnier funktioniert und vor allem dafür, dass die beste Schachspielerin oder der beste Schachspieler am Ende einen würdigen Pokal in den Händen halten kann. Wer die Trophäe gestaltet? Wähner – denn der schachkundigen Gemeinschaft ist sein gestalterisches und handwerkliches Talent nicht entgangen. Der Auftrag für die Trophäe war ihm also sicher.
Bei der Frage, ob er denn schon mal seinen eigenen Pokal als Sieger des Turniers überreicht bekommen hat, lacht er: „Nein, keine Chance.“ Am Turnier nehmen echte Schachmeister teil. Schirmherr ist etwa der Großmeister Dr. med. Helmut Pfleger, den manch eine oder einer sicher durch seine Schachrätsel in der Wochenzeitung „Die Zeit“ kennt. Unterschiede in der Spielstärke sind bei der Ärztemeisterschaft trotzdem nicht das Wichtigste. „Das Schöne ist, dass man Beruf und ein Hobby gemeinsam hat. Das führt zu einer sehr familiären Atmosphäre. Seit einigen Jahren sind auch immer PJler und Zahnärzt:innen dabei“, erklärt Wähner. Und dann kommt er wieder auf das Thema „Gestaltung“: Einmal im Jahr nimmt sich der Gastroenterologe Zeit, um einen unkonventionellen Schachkalender herzustellen, auf den inzwischen schon eine kleine internationale Fangemeinde wartet. Auf zwölf Kalenderblättern wird das Schachspiel(en) gefeiert. Die Fotos und Kalenderblätter für diese „Limited Edition“ macht und gestaltet er natürlich selbst.
Zu seinem Fachgebiet kam Wähner übrigens in Helsinki. Nach Finnland, das Land, aus dem seine Mutter stammt, zog es ihn nach dem Studium. Dort machte er seinen internistischen Facharzt und hängte anschließend noch ein Jahr Gastroenterologie dran. „In Finnland ist die Facharztausbildung anders organisiert als in Deutschland“, erklärt er. Man startet in einem Medizinischen Versorgungszentrum und arbeitet erst einmal allgemeinmedizinisch, bevor man dann zuerst in ein regionales Krankenhaus und danach in eine Uniklinik wechselt. Der Effekt: „Alle finnischen Fachärzte können auch ein wenig Allgemeinmedizin.“ Von dieser Erfahrung profitieren seine Patient:innen bis heute. Genauso wie von seinem Auge für Details. Streng genommen fotografiert der 46-Jährige sogar in seiner Arbeitszeit. „Ich habe während meiner Facharztweiterbildung gemerkt, dass mir das Endoskopieren liegt.“
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