Berliner Gesundheitspreis: Starke Schule, starke Seele

Mehr als die Hälfte aller psychischen Erkrankungen entsteht im Kindes- und Jugendalter. Gleichzeitig bleiben Stärken und Kompetenzen, die in jungen Jahren erworben werden, oft ein Leben lang bestehen. Unter dem Motto „Starke Schule, starke Seele“ haben die Ärztekammer Berlin und der AOK-Bundesverband vier Projekte mit dem Berliner Gesundheitspreis 2025 ausgezeichnet, die sich der Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern widmen.

Preisträger:innen, Laudator:innen und Organisator:innen des Berliner Gesundheitspreises 2025

Mehr mentale Belastungen

„Immer mehr Kinder psychisch krank“, „Hunderttausende Jugendliche mediensüchtig“ oder „Zahl der Jugendlichen mit Essstörungen gestiegen“ – solche und ähnliche Überschriften lesen wir immer öfter. Studien zufolge leidet rund ein Viertel der jungen Menschen in Deutschland unter psychischen Problemen. Zudem haben mentale Belastungen durch Pandemie, Krieg und Klimakrise in den vergangenen Jahren noch zugenommen.

Gleichzeitig gab es noch nie eine solche Fülle an Präventionsangeboten wie heute. Auch war es nie so einfach, sich Gesundheitsinformationen ins Wohn-, Kinder- oder Klassenzimmer zu holen. Und doch fällt es oft schwer, sich im Dschungel der Angebote, Nachrichten und Tipps zurechtzufinden. Das gilt für Erwachsene, aber noch mehr für Kinder und Jugendliche. Studien zeigen, dass ihre Gesundheitskompetenz oft nicht ausreicht. Zudem fällt es ihnen gerade bei psychischen Problemen schwer, sich die richtige Hilfe zu holen und sich beispielsweise ihren Eltern oder anderen Angehörigen anzuvertrauen.

Pandemie, Krieg, Klimawandel, Mobbing – eine ganze Generation von Schülerinnen und Schülern wächst mehr oder weniger im Krisenmodus auf.

Dr. Carola Reimann,
Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes

Ist das ein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken? Nein! Denn mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Hilfsangeboten und Projekten, die genau darauf abzielen, Kinder und Jugendliche mental zu stärken und psychischen Erkrankungen vorzubeugen. Und wo sollte dies besser gelingen als in der Schule, in der junge Menschen einen großen Teil ihrer Zeit verbringen und die Möglichkeit haben, auch außerhalb der Familie mit Vertrauenspersonen zu sprechen?

Aus diesem Grund hat der Berliner Gesundheitspreis, der vom AOK-Bundesverband und der Ärztekammer Berlin ausgeschrieben wird, in diesem Jahr Projekte ausgezeichnet, die die mentale Gesundheit von Schüler:innen im schulischen Umfeld stärken, zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen beitragen und insbesondere die Prävention im Auge haben.

Preisverleihung trotz Hindernissen

Als Laudator:innen bei der Preisverleihung im Gebäude des AOK-Bundesverbandes in Berlin fungierten Michael Brand (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesbildungs- und Jugendministerin, die Bundestagsabgeordneten Emmi Zeulner (CSU) und Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) sowie PD. Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin. Die Eingangsrede hielt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.

Dass die Vertreter:innen aus der Politik am Abend des 16. Oktobers 2025 tatsächlich zur Preisverleihung kommen konnten, glich einem organisatorischen Kunststück. Eine wichtige Abstimmung im Bundestag stand an und nur minutiöse Planung ermöglichte die Anwesenheit der Damen und Herren aus der Politik. Dies wurde von den Preisträger:innen und Gästen als Würdigung des bemerkenswerten Engagements der Projektteams wahrgenommen. Moderatorin Sarah Oswald gelang es, zügig, aber auch mit der angemessenen Ruhe und Wertschätzung durch den Abend zu führen.

Konfliktlösungsstrategien und digitale Rallyes

Der erste Preis des Abends ging an das Projekt Dare2Care. Das Projekt stärkt die psychologische Widerstandsfähigkeit sowie das demokratische Miteinander an Schulen. In Peer-to-Peer-Workshops und interaktiven Übungen lernen Schüler:innen mit Emotionen, Konflikten und Belastungen umzugehen. Durch Fortbildungen und Elternabende werden auch das Schulpersonal und die Eltern einbezogen. In diesen reflektieren sie eigene Verhaltensmuster, lernen Strategien zur Förderung der mentalen Gesundheit kennen und erwerben Gesprächsführungstechniken für den Umgang mit psychischen Belastungen bei Kindern. Die Unterrichtseinheiten und Online-Fortbildungen werden über eine digitale Lernplattform zur Verfügung gestellt. Es gibt Regionalstandorte in Berlin, Hamburg, Lübeck, Würzburg, Bochum und Jena. Das Projekt wurde mit einem Preisgeld von 20.000 Euro ausgezeichnet.

Den zweiten Preis erhielt die App Nebolus. Dieser war mit 15.000 Euro dotiert. Das Projekt der Hochschule Fulda in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam fördert die Gesundheitskompetenz von Schüler:innen, indem es sie mithilfe einer digitalen Story auf Rallyes schickt. Dabei entdecken sie regionale Anbieter von psychosozialen Diensten in der Nähe ihrer Schule. Auf diese Weise wird Gesundheitswissen interaktiv und alltagsnah vermittelt. Die App richtet sich an Schüler:innen im Alter von 12 bis 16 Jahren sowie an Auszubildende, Studierende und Schulpersonal konzipiert und kann an regionale Gegebenheiten angepasst werden. 

Vor Ort: Austausch zwischen Schüler:innen und Fachkräften

Der dritte Preis ging an das Projekt Gemeinsam stark in der Schule. Für dich. Für Andere (Peer-to-Peer). Die Plattform des Niedersächsischen Kultusministeriums informiert junge Menschen im Alter von 14 bis 19 Jahren in kurzen Erklärtexten und -videos über psychische Gesundheit, die Rolle des sozialen Umfelds, Möglichkeiten zur gegenseitigen Unterstützung sowie den Umgang mit eigenen Grenzen. Gleichzeitig werden Lehrkräfte in Workshops und E-Learning-Kursen in der Früherkennung geschult. Ergänzt wird das Angebot durch den Austausch mit Schüler:innen, die selbst Erfahrungen mit psychischen Problemen gemacht haben, sogenannten „Peers“. Das Projekt erhielt 10.000 Euro Preisgeld.

Schulen bieten die Möglichkeit, Menschen für das Leben stark zu machen. Sie sollten daher in den Mittelpunkt von Prävention gestellt werden.

Michael Brand,
Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Ein kommunaler Sonderpreis ging an das Projekt ReFaps – Regionale Fachkräfte für psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Das Projekt aus Bremen stärkt Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien in sozial benachteiligten Stadtteilen mithilfe spezialisierter Fachkräfte. Dadurch soll es gelingen, frühzeitig auf psychische Belastungen zu reagieren und den Zugang zu Hilfsangeboten zu erleichtern. Die Familien werden für entwicklungspsychologische Auffälligkeiten sensibilisiert, um ungünstigen Bewältigungsmechanismen wie übermäßigem Medien- oder Drogenkonsum vorzubeugen. Das Projekt ist stadtteilbezogen tätig und mit Angeboten der Gesundheitsförderung sowie dem psychiatrischen Versorgungssystem vernetzt. Es wird koordiniert von der Landesvereinigung für Gesundheit, der Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. und dem Klinikum Bremen-Ost. Der Sonderpreis war mit 5.000 Euro dotiert.

Hoffnung auf weite Verbreitung und Vorbildfunktion

Die Preisträger wurden aus 24 Wettbewerbsbeiträgen, die aus 12 Bundesländern eingereicht worden waren, ermittelt. Neben dem innovativen Charakter waren für die Jury bei der Preisvergabe vor allem das Wachstumspotenzial der Projekte, ihre Übertragbarkeit auf andere Regionen, ihre Reichweite sowie ihre Lotsenfunktion im Gesundheits- und Sozialwesen entscheidend.

Die Teilnehmenden der Preisverleihung zeigten sich berührt und inspiriert vom Engagement der Projektteams. Wie beeindruckt sie waren, betonten auch Gäste wie Dr. med. Yüksel König, Mitglied des Vorstandes der Ärztekammer Berlin sowie die Mitglieder der Delegiertenversammlung, Dr. med. Katharina Thiede und Dr. med. Otto Ziehaus. Wie vermutlich alle Gäste hoffen auch sie auf eine möglichst weite Verbreitung der Projekte und eine Vorbildfunktion für neue Ideen. Mit guter Laune und anregenden Gesprächen klang der Abend bei Speis und Trank aus.

Weitere Informationen zum Berliner Gesundheitspreis und den prämierten Projekten finden Interessierte unter Berliner Gesundheitspreis.

Hintergrund

Berliner Gesundheitspreis

Der „Berliner Gesundheitspreis“ wird seit 1995 alle zwei Jahre vom AOK-Bundesverband und der Ärztekammer Berlin auf Bundesebene ausgeschrieben.

Der Wettbewerb widmet sich jeweils einem ausgewählten Thema, das eine besondere Bedeutung für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung hat. Ziel ist es, vorbildliche Initiativen und innovative Projekte einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen und ihre Weiterentwicklung zu unterstützen.

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Wir freuen uns über Ihr Feedback!

Ja
Nein

Vielen Dank!

Zur Ärztekammer Berlin