Stark in Klinik und Forschung: Exzellenzschmiede Clinician Scientist Programm

Die Ärztekammer Berlin kooperiert erfolgreich mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Berlin Institute of Health at Charité (BIH). Wir stellen das Best-Practice-Modell für klinisch tätige und forschungsaktive Ärzt:innen in Weiterbildung vor.

Absolvent:innen der (Junior) (Digital) Clinician Scientist Programme

Im Jahr 2022 haben rund 60 Fellows die (Junior) (Digital) Clinician Scientist Programme erfolgreich beendet. Am 5. Oktober 2023 erhielten die Absolvent:innen im „Rahel Hirsch Center for Translational Medicine“ ihre Abschlusszertifikate.

Seit über zehn Jahren gibt es strukturierte Clinician Scientist Programme in Deutschland und mittlerweile hat fast jede Medizinische Fakultät ein eigenes Programm. Die Programme ermöglichen eine kompetenzbasierte Facharztweiterbildung mit einem fest vereinbarten Anteil an Arbeitszeit, „Protected Time“, für klinische Studien und translationale Forschung und tragen so dazu bei, eine neue Generation forschungsaktiver Ärzt:innen, sogenannte Clinician Scientists, auszubilden.

Berufsbild

Clinician Scientist

Clinician Scientists übersetzen den aktuellen „medical need“ in Forschungsfragen, überprüfen diese zeitnah in Projekten auf klinische Effektivität und ermöglichen so eine schnellere Umsetzung von neuen Erkenntnissen aus der Forschung in die Klinik zum Wohl der Patient:innen.

Best Practice-Modell

Eines der ersten und das derzeit größte Clinician Scientist Programm in Deutschland ist das Programm des Berlin Institute of Health at Charité (BIH) und der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Das Programm ist themenoffen und startete 2011 mit acht Geförderten. Heute hat es rund 170 aktive Teilnehmende und über 250 Alumni. Diese kommen aus fast allen klinischen Fachbereichen der Charité, wodurch die interdisziplinäre Vernetzung gefördert und intensiviert wird. In seiner Vorreiterrolle hat das Berliner Programm bundesweit Standards hinsichtlich Struktur und Qualität gesetzt und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 2015 als „Best Practice-Modell“ ausgewiesen.

Im Laufe der Jahre wurde das BIH Charité Clinician Scientist Programm stetig weiterentwickelt und ausdifferenziert. Mittlerweile können unterschiedliche Karrierephasen von Clinician Scientists mithilfe von spezifischen Förderlinien maßgeschneidert gefördert werden, was unter anderem durch die finanzielle Unterstützung der Stiftung Charité, der Volkswagenstiftung und der DFG sowie durch eigene Finanzmittel aus der Charité und dem BIH möglich ist. Weitere aktuelle Finanzmittelgeber sind die Professor Herbert Harnisch und Brigitte Harnisch Stiftung (Zahnmedizin) und die Eva Luise und Horst Köhler Stiftung und die Berliner Sparkassenstiftung Medizin (Alliance4Rare).

Qualitätsgesicherte Verzahnung von Klinik und Forschung

Bereits bei der Antragstellung für das BIH Charité Clinician Scientist Programm wird darauf geachtet, dass es sich um patientennahe Forschung handelt. Klinische und translationale Forschung, wie etwa die Leitung und Durchführung von klinischen und präklinisch-experimentellen Studien, die Entwicklung neuer Diagnostika oder patientenorientierter Apps, sollen einen relevanten medizinischen Nutzen erzielen, der einer verbesserten Patientenversorgung zugutekommt. Im klinischen Umfeld der Charité fördert das BIH Charité Clinician Scientist Programm damit den iterativen Prozess von „Bench to Bedside“ und „Bedside to Bench“ zur Optimierung von Forschungsideen und Behandlungsstrategien.

Um die Kontinuität der klinischen Weiterbildung zu gewährleisten und um eine möglichst große „translationale Wirkung“ zu erreichen, ist eine optimale Verzahnung von Klinik, Forschung und Programm‐Curriculum mit den klinischen Weiterbildungsinhalten von zentraler Bedeutung. Die Programmteilnehmenden werden meist wochenweise oder auch in monatlichen Blöcken zur Forschung freigestellt. Die Festlegung der „Protected Time“ für die Forschung erfolgt individuell in Zielvereinbarungsgesprächen zwischen Klinikdirektorat, geförderter Person, Mentorin oder Mentor und der Programmleitung.

Zudem erfüllt das Programm hohe Qualitätssicherungsstandards, beispielsweise durch das zweistufige Auswahlverfahren, die Zusammensetzung des interdisziplinären Clinician Scientist Boards – Professor:innen und leitende Wissenschaftler:innen der Charité und des MDC sowie qua Amt Mitglieder der zentralen Führungspositionen von Charité und BIH – durch strukturierte Online-Berichtslegungen sowie durch regelmäßige Feedbackgespräche. Um die Forschungszeiten während der Programmförderung einheitlich und nachvollziehbar zu erfassen, wurde 2019 ein Monitoring-System im Personaleinsatzplanungssystem der Charité – Universitätsmedizin Berlin implementiert. Diese Maßnahmen werden kontinuierlich evaluiert, nachjustiert und optimiert.

Zusammenarbeit als entscheidender Erfolgsfaktor

Ein wesentlicher, wenn nicht sogar der entscheidende Baustein für den anhaltenden Erfolg des BIH Charité Clinician Scientist Programms war und ist die Zusammenarbeit mit der Ärztekammer Berlin. Sie unterstützt die übergeordneten Ziele des Programms, die klinische Forschung zu stärken und diese in einem qualitativ hochwertigen Programm auch in der regulären Arbeitszeit durchzuführen. Die Kooperation ermöglicht es, Forschungsaktivitäten in die Facharztweiterbildung zu integrieren und damit eine Verlängerung der Weiterbildungszeit zu vermeiden. So können beispielsweise den (Digital) Clinician Scientists bis zu 18 Monate Forschungszeit im Rahmen ihrer Facharztweiterbildung anerkannt werden. Daten der Ärztekammer Berlin zeigen, dass die kombinierte klinisch-wissenschaftliche Tätigkeit der Programmteilnehmenden die Leistungen in den Facharztprüfungen keineswegs beeinträchtigt.
 

Das BIH Charité Clinician Scientist Programm zeigt für mich nicht nur, dass es möglich ist, neben dem klinischen Dienst Wissenschaft auf höchstem Niveau zu praktizieren, sondern wie unabdingbar es ist, die ärztliche Weiterbildung mit einer forschenden Tätigkeit zu verbinden. Die beiden Bereiche greifen ineinander und sind nicht voneinander zu trennen.

PD Dr. med. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin und Alumnus des Charité Clinician Scientist Pilotprogramms

Leuchtturm der Universitätsmedizin

Die intensive Unterstützung und Kooperation der Ärztekammer Berlin mit dem BIH Charité Clinician Scientist Programm hat das Berufsbild des Clinician Scientist in Berlin und darüber hinaus etabliert und geprägt. Durch die kontinuierlichen strukturellen Anpassungen und Verbesserungen des Programms im Austausch sowohl mit den Geförderten als auch mit den Mitgliedern des Clinician Scientist Boards wird das Berufsbild stetig weiterentwickelt. Darüber hinaus schafft die Berliner Clinician Scientist Community mit ihrer mittlerweile beträchtlich hohen Anzahl von (ehemaligen) Programmteilnehmenden für eine hohe Sichtbarkeit.

Das Berliner Programm hat damit nicht nur eine hohe Strahlkraft für die nächste Generation von forschenden Ärzt:innen, sondern verändert und gestaltet auch die biomedizinische Wissenschaftslandschaft in Deutschland. Die Berliner Absolvent:innen fungieren durch ihre rege Aktivität als Principal Investigators in wissenschaftlichen Netzwerken als „Motoren“ der regionalen, nationalen und internationalen Vernetzung. Zudem sind sie nicht nur zentrale Protagonist:innen in der Forschung und Klinik von heute, sondern auch die Führungskräfte von morgen.

So steht am Ende einer erfolgreichen (Digital) Clinician Scientist Programmförderung idealerweise die abgeschlossene Facharztweiterbildung sowie die Habilitation. Es spricht für die Exzellenz des Programms, dass diese klinischen und akademischen Ziele vom Großteil der Geförderten bereits während, direkt am Ende oder kurz nach der Programmteilnahme erreicht werden: Insgesamt haben 159 Absolvent:innen ihre Facharztweiterbildung abgeschlossen und 54 bekleiden führende klinische Positionen. 96 haben sich habilitiert und es gibt mittlerweile 25 Professor:innen unter den (ehemaligen) Programmteilnehmenden (15 W2- und 11 W3-Professor:innen).

Durch die Förderung von Clinician Scientists, etwa mithilfe von strukturierten Programmen, kann Deutschland von deren Innovationskraft profitieren und die Universitätsmedizin wettbewerbs- und zukunftsfähig halten. Die Geschäftsstelle des BIH Charité Clinician Scientist Programms, die an der BIH Biomedical Innovation Academy verortet ist, und die Mitglieder des Clinician Scientist Boards sind über die lokalen Aktivitäten hinaus in bundesweiten Vernetzungen von Clinician Scientist Programmen beratend aktiv. Außerdem sind sie in Kooperation mit dem Medizinischen Fakultätentag e. V. (MFT) und mit anderen Vertreter:innen der deutschen Fakultäten maßgeblich am Aufbau einer Nationalen Clinician Scientist Kohorte (NCSK) beteiligt.

Hintergrund

Auszeichnung

Die Gründerin und ehemalige Programmdirektorin Prof. Dr. med. Duška Dragun wurde für ihren bedeutenden Beitrag zum Aufbau einer neuen Generation von forschenden Ärzt:innen im Jahr 2022 posthum von der Ärztekammer Berlin mit dem Georg-Klemperer-Preis geehrt.

Die Erfolgsgeschichte des BIH Charité Clinician Scientist Programmes wurde in den Jahren 2021 und 2022 unter der Interims-Direktion von Prof. Dr. med. Britta Siegmund und Prof. Dr. Dominik Müller weitergeführt. Seit Januar 2023 ist Prof. Dr. med Il-Kang Na die neue Direktorin des BIH und führt das Programm in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle und der Ärztekammer Berlin weiter in die Zukunft.

Den Bericht über die Verleihung des Georg-Klemperer-Preises gibt es in der Ausgabe 10/2022 der "Berliner Ärzt:innen".

Quellennach- und Literaturhinweise sind über die Redaktion erhältlich.

Autor:innen

  • Dr. Nathalie Huber, Leiterin der BIH Biomedical Innovation Academy (BIA) sowie der BIH Charité Clinician Scientist Geschäftsstelle
  • PD Dr. med. Angelika Kusch, Koordinatorin BIH Charité Advanced Clinician Scientist Programm
  • Dr. Iwan Meij, Leiter der BIH Biomedical Innovation Academy (BIA)
  • Prof. Dr. med. Il-Kang Na, Direktorin BIH Charité Clinician Scientist Programm, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum
  • Dr. med. Antje Koch, Leiterin der Abteilung 1 - Weiterbildung / Ärztliche Berufsausübung der Ärztekammer Berlin

 

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